Versachlichung einer Legende

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Friedrich Behn (6.10.1865 in Potsdam - 31.05.1886 in Newcastle on Tyne)

Friedrich Behn war einer der Paten bei der Taufe meiner Großmutter Edith Behn im Jahr 1884 in Berlin. Damals war er gerade 19 Jahre alt, der 14 Jahre jüngere Bruder ihres Vaters. Wie schön hätte sich ein solches Verhältnis entfalten können! Aber sie lernte ihn gar nicht kennen. „Er kam zur Handelsmarine – auf ein Schiff Waverly (der Kapitän Romberg war ein Verwandter). Dort ist er 21jährig als junger Matrose ins Maschinenwerk gestürzt und am 31.5.1886 in New Castle seinen Verletzungen erlegen. Ein armes Leben, das sehr auf meinen Vater drückte. Es gibt ein Photo, wo mein Vater als junger Offizier den kleinen Bruder zwischen den Knien stehend hat – auch meine Tante hält ihn ganz jung auf einem Bild auf dem Schoß. Es wirkt wie ein Mutter-und-Kind-Bild.“ So schreibt meine Großmutter in ihren „Familienplaudereien“.

Die Eltern von Friedrich Behn, Julie, geb. Zelter, und Dr. Adolph Gustav Behn, Generalarzt, waren kurz hintereinander gestorben, als Friedrich ein halbes Jahr alt war. Dass er „ein kränkliches, nicht begabtes, nervöses Kind – ein Sorgenkind“ war, lag vielleicht daran. Die wechselnde Unterbringung in verschiedenen Familien, dabei auch den jungen Ehen seiner sehr viel älteren Geschwister, bekam ihm gar nicht. Er galt als „ungerathen“. Und sein Tod wurde fast mit Erleichterung wahrgenommen.

Trotzdem oder gerade deshalb hat meine Großmutter diesen Paten nie vergessen. Und auch mir ist er immer eine Erinnerung wert gewesen. Nun soll ich vielleicht wenigstens über seine letzte Lebensphase etwas Amtliches erfahren. Herr Thomas Begerow arbeitet an der Biographie von Heinrich Romberg, dem Direktor der Bremer Navigationsschule um 1900. Dabei kam er auch auf dessen Brüder: den Astronomen Hermann Romberg, den Mann von Anna Behn, und auf Otto Romberg, den Kapitän des Schiffes, auf dem Friedrich Behn verunglückte. Und fand bei seinen Nachforschungen unsere Homepage www.von-mering.de.!

Thomas Begerow hat mir mitgeteilt, dass es im Bremer Staatsarchiv die Musterrolle des Schiffes gibt, das Otto Romberg am 22. Mai 1886 von Bremerhaven über NewCastle nach San Francisco führte. Dieses Schiff hieß „Richard Wagner“. Wenn er Zeit hat, will er für mich die Musterrolle auf Daten von Friedrich Behn durchforsten. Woher ich den Schiffsnamen „Waverly“ habe, wollte er wissen. Von meiner Großmutter hab ich ihn – sie verwendet ihn sogar öfter! Als Erklärung könnte gelten, dass ihr vielleicht ein englischer Totenschein vorgelegen hat und dass der Name des Schiffes darauf so entstellt war. Ich bin gespannt!