Goethe auf der Jagd

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Goethe auf der Jagd im Thüringer Wald

Veröffentlicht in: Familie und Geschichte, Hefte für Familiengeschichtsforschung im sächsisch-thüringischen Raum, Bd. VIII, 24. Jg., Heft 3, Juli-Sept. 2015, Verlag Degener u. Co.

Wolffgang Nicol und Johann Wolfgang

Am 3. September 1776 herrscht am Kahlert die helle Aufregung: ein ungewohntes Gewimmel von Menschen, Pferden, Hunden. Wo der Rennsteig sich mit der Straße von Großbreitenbach nach Gießübel kreuzt, auf der Höhe des Thüringer Waldes, findet eine Deutsche Jagd1 statt. Das weiß ich, weil mein Vorfahr Wolffgang Nicol Eberhardt davon berichtet. Was mir erst später klar wurde: Johann Wolfgang von Goethe war auch dabei.

Nur einer von meinen Vorfahren hatte Gelegenheit, Goethe zu sehen. Sahen sich also Wolffgang und Wolfgang? Kaum. Zwar mag Goethe mit seiner phänomenalen Aufmerksamkeit unter anderen ländlichen Jagdzuschauern Eberhardt wahrnehmen. Und der junge Dichter weiß vielleicht dank seiner Weltkenntnis, wen er da vor sich hat: einen vierzigjährigen Dorfschulmeister. Aber Eberhardt seinerseits weiß vermutlich nur, dass er unter vielen vornehmen Jagdteilnehmern eine „Staatsperson“ sieht. Goethe, siebenundzwanzig Jahre alt, ist bereits Geheimer Legationsrat im Conseil und ein enger Freund des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar, der an diesem 3. September 1776 neunzehn Jahre alt wird.

Dass Wolffgang Nicol Eberhardt in dieser besonderen „Staatsperson“ einen wirklichen Künstler vor sich hat, kann er nicht wissen. Zwar sind „Die Leiden des jungen Werthers“ 1776 schon berühmt-berüchtigt. Doch der Schuldiener im Thüringer Wald hat zwar die folgende Erfahrung am eigenen Leibe gemacht, aber er hat Goethes Beschreibung dieser Erfahrung nie gelesen. Ja, ich habe wohl Grund zu zweifeln, ob er sie in Goethes Formulierung als eigene Erfahrung erkannt hätte.

Es ist damit“ (mit der Kunst, meint Goethe) „wie mit der Liebe. Ein junges Herz hängt ganz an einem Mädchen, bringt alle Stunden seines Tages bei ihr zu, verschwendet alle seine Kräfte, all sein Vermögen, um ihr jeden Augenblick auszudrücken, daß er sich ganz ihr hingibt. Und da käme ein Philister, ein Mann, der in einem öffentlichen Amte steht, und sagte zu ihm: Feiner junger Herr! Lieben ist menschlich, nur müsst ihr menschlich lieben! Teilet eure Stunden ein, die einen zur Arbeit, und die Erholungsstunden widmet eurem Mädchen. Berechnet euer Vermögen, und was euch von eurer Notdurft übrig bleibt, davon verwehr ich euch nicht, ihr ein Geschenk, nur nicht zu oft, zu machen, etwa zu ihrem Geburts- und Namenstage usw. – Folgt der Mensch, so gibt’s einen brauchbaren jungen Menschen, und ich will selbst jedem Fürsten raten, ihn in ein Kollegium zu setzen; nur mit seiner Liebe ist’s am Ende, und wenn er ein Künstler ist, mit seiner Kunst. O meine Freunde! Warum der Strom des Genies so selten ausbricht, so selten in hohen Fluten hereinbraust und eure staunende Seele erschüttert? – Liebe Freunde, da wohnen die gelassenen Herren auf beiden Seiten des Ufers, denen ihre Gartenhäuschen, Tulpenbeete und Krautfelder zugrunde gehen würden, die daher in Zeiten mit Dämmen und Ableiten der künftig drohenden Gefahr abzuwehren wissen.“2

Nein, Wolffgang Nicol Eberhardt hat „Die Leiden des jungen Werthers“ nicht gelesen. Er ist zu arm, um Bücher zu kaufen, und zu weit von allen Gebildeten entfernt, um sich Bücher borgen zu können. Zwar ist der Pfarrer Wolfgang Nicol Krannich dem Lehrer ein guter Freund. Aber er wird als Seelsorger kaum ein Buch angeschafft haben, dass als Verherrlichung des Selbstmordes gilt.

Andererseits würde Wolffgang Nicol Eberhardt vermutlich überaus gern einen echten Künstler kennen lernen. In seiner Jugend, vor zehn Jahren noch, hat er selbst davon geträumt, ein Künstler zu werden. Er nannte sich „Kunstmaler“ oder „Mahler Kunst und Music Ergebener“3. Wie er auf diese Idee kam, kann ich nicht herausfinden. Zwar habe ich gelesen, dass 1697 der zwölfjährige Georg Friedrich Händel in Halle, als er sein Trauercarmen auf den Tod des Vaters abfasste4, sich selbstbewusst als „der freyen Künste ergebenen“ bezeichnet hat. Aber Händel hatte ja auch Grund dazu! Er war Städter, galt als begabter Schüler an der Orgel, konnte ein Gymnasium besuchen und dort die „freien Künste“ belegen. Wolfgang Nicol Eberhardt dagegen war der Sohn eines Handelsmannes aus Großbreitenbach tief im Thüringer Wald. Welche Anregungen standen ihm zur Verfügung?

 

Wolffgang Nicol Eberhardt – ein „der Mahlerkunst und Music Ergebener“

Sein Vater gehörte neben seinem Beruf als Händler zu den Adjuvanten5 von Großbreitenbach. Die Adjuvanten sammelten sich als Laienchor um den Kantor einer Kirche. Sie bildeten einen Verein, hatten Satzungen und führten auch weltliche Musik auf. Möglich, dass Vater Hans Wolff Eberhardt seinen Sohn Wolffgang Nicol früh an die Musik heranführte, möglich auch, dass Kantoren der nahe gelegenen Städte die begabten unter diesen sangesfreudigen Dorfkindern an ihre Kirchen und Schulen holten6. Vielleicht hat der Junge in Arnstadt mitgesungen und ist dort auch ausgebildet worden. Im Kirchenbuch wird er „Herr“ genannt, so jung er ist, d.h. er gilt als „Studierter“. So mag Wolffgang Nicol Eberhardt die Musik als Ziel entdeckt haben. Aber wieso auch noch die Malerkunst? Weil sein Vater aus einer Fenstermacher-Familie stammte und dem Jungen Bauzeichnungen von Kindheit an vertraut waren?

Wolffgang Nicols Auffassung von Kunst ist vermutlich noch ganz barock. Ein sorgfältiger Handwerker gilt ihm als Künstler. Dass er einen Brotberuf braucht, ist ihm selbstverständlich. Er heiratet mit sechsundzwanzig Jahren die junge Johanna Elisabeth Kiesewetter, die ein Kind von ihm erwartet. Eine Weile leben sie offenbar von ihrer Mitgift. Zwischen 1764 und 1766 versucht er, wie ich schon in seiner Biographie7 vermutet habe, sich irgendwie auswärts als „der Mahler Kunst und Music Ergebener“ zu etablieren. Das schlägt offenbar fehl. Jedenfalls ist es für ihn ein erfreuliches Angebot, als ihm der Patron der Kirche von Altenfeld, Fürst Christian Günther von Schwarzburg-Sondershausen8 1766 die neu geschaffene Schulmeisterstelle dort anbietet9. Er zieht mit seiner Frau nach Altenfeld, fängt an zu unterrichten und das Kirchenbuch zu führen, die Glocke zu läuten und natürlich auch den Schulchor für die zahlreichen Gottesdienste zu dirigieren. Vielleicht gründet er sogar einen Adjuvantenverein? Üblich war, dass die Kantoren komponierten. Vielleicht malt er auch in seiner knappen Freizeit. Zahlreiche Kinder werden ihm geboren. Nie wieder aber erwähnt er im Kirchenbuch seine Ergebenheit gegenüber der Kunst. Wäre das ungehörig?

Über die Härte des Lehrerberufs beklagt er sich nicht. Aber er kennt sie. Ganz nebenbei erwähnt er sie in seinem Bericht über die Hungersnot von 1771. „Die Schule sahe ich täglich von Kindern leer, daß von 60 kaum 8 bis 12 dieselbe besuchten“, schreibt er. Normalerweise unterrichtete er also sechzig Kinder zwischen sieben und vierzehn Jahren. Das ist keine Kleinigkeit, auch wenn er seine Schüler schlagen durfte. Schulehalten am Alltag, Gottesdienste mit Musik versorgen am Sonntag, das war seine Pflicht jahrein – jahraus, ohne andere Ferien als die Erntezeit, wenn Kinder und Lehrer auf dem Felde gebraucht wurden. Wolffgang Nicol beklagt sich nicht darüber. Ihm ist die übervolle Klasse lieber als die kleine Gruppe von acht bis zwölf Kindern, die während der Hungersnot übrig geblieben sind, weil die andern auf Bettelfahrt gehen oder vor Schwäche zu Hause bleiben.

 

Die Hungersnot im Thüringer Wald

Die Hungersnot 1771/72 ist für Wolffgang Nicol Eberhardt ein prägendes Erlebnis. Im Kirchenbuch von Altenfeld ist sein Bericht überliefert. Ein späterer Lehrer trug ihn unter der Überschrift ein: „Denkwürdigkeiten zu Altenfeld von Anno 1771 bis 1772, 1773 und 1774 von einer hinterlaßenen Handschrift des damals lebenden Hn. Schulmeisters Eberhard wörtlich abcopiret“.

In diesem 1771. Jahre fiel eine entsetzliche Theuerung und Hungersnoth im ganzen deutschen Land ein, so daß anfänglich das Viertel Korn mit 3 Rt nach schwerem Geld … bezahlet wurde. Gegen Ostern aber stieg es bis zu 5 Rt. Der Weitzen war über diesem Preiße und das Maaß Gerste galt 12 Rt. Viele Menschen sahen sich daher genöthiget, sobald nur das Gras hervorgrünte, daß sie Kräuter, die sie auf dem Felde suchten, kochen mußten, nur damit sie ihr Leben kümmerlich erhielten. Nach der Ernte aber fiel der Preiß eines Viertels Korns wieder auf 2 Rh. … Im Jahr 1772 dauerte die entsetzliche und bey Menschen Gedenken noch nie erlebte Theuerung und Hungersnoth noch immer fort, so daß dieses Jahr hindurch das Viertel Korn mit 3 Rt. und 3 ½ Rt. bezahlt wurde. Die Noth und das Elend stieg daher wegen einer solchen 2 Jahr anhaltenden Theuerung so hoch, daß auch wohl die Nachkommen solchen Jammer und Elend nicht ohne Mitleiden auch Vergießung bitterer Thränen hören noch lesen werden. Viele Menschen sahen sich deswegen gezwungen, mit dem Bettelstabe zu gehen, die vorher in gutem Vermögen geseßen, nun aber, Andere flehentlich um einen Bißen Brod oder Erdapfel bitten mußten.

Also mögen die Nachkommen wohl darüber urtheilen, warum solches geschehen? Aber ja nicht auf diese lieblose Meynung gerathen, ob denn solche Menschen nicht hätten arbeiten oder ihre Handthierung und Beruf treiben können. Nein, sie mußten darum müßig seyn, und ins alleräußerste Armuth fallen, weil alle Fabriken, Hüttenwercke, Kunsthandwercke und Tagelöhner Arbeit ihren erwünschten Fortgang nicht hatten, keine hinlängliche Abnehmer sich fanden, vor allen Dingen aber, weil die Menschenkräfte dazu untüchtig waren, eine Arbeit fortzusetzen.“

Für wen mag Wolffgang Nicol Eberhardt seine Hungersnot-Chronik angefertigt haben? Hat er versucht, sie den vornehmen Herrschaften anlässlich der Deutschen Jagd 1776 zum Kauf anzubieten? Er hat den Bericht so genau wie möglich verfasst, ihn mit erbaulichen Predigtteilen durchsetzt, und mit einem erfreulichen Schluss versehen: „Anno 1773 erfreuete Gott die Menschen wieder mit einem überaus fruchtbaren Jahre, welches die Menschen dem himmlischen Wohlthäter nicht genug verdanken, noch dafür loben und preißen konnten. Die Äcker standen in erwünschtem Flor, und trugen Korn, Weitzen, Gerste, Hafer, Erdäpfel, Kraut, Rüben und was dergleichen mehr ist, vier- bis fünf-, auch wohl manches zehnfältig, daß das Viertel Korn wieder zu 15 gr. bis 16 gr., der Weitzen mit 20 gr auch 21 gr. verkauft wurden. … Die Erdäpfel, deren es in Menge gab, kosteten das halbe Viertel 1 gr., die Kleinen aber nur 8 pf. Obstbäume, keinen ausgeschloßen, trugen so stark, daß die Menschen solches in vielen Jahren nicht erlebt …“

 

Der junge Dichter Goethe auf der Jagd

Verführerisch zu denken, die Augen des jungen Ministers Goethe wären über diese Zeilen geflogen. Er las vielerlei, war an wirtschaftlichen Problemen sehr interessiert. Die Hungersnot von 1771/2 war auch in Weimar noch unvergessen10, hatte sie doch im Brand des Schlosses 1774 gegipfelt, das Goethe nur als Ruine kannte. Aber Altenfeld ist nicht Weimarisch und jetzt, am 3. September 1776, ist der Dichter zur Erholung im Thüringer Wald. Sein Leben als Geheimer Legationsrat in der Residenz Weimar ist anstrengend genug, besonders, seit er Charlotte von Stein liebt.

An sie schreibt er am Abend des 1. September11, vor dem Aufbruch zur Jagd: „Wenn das so fortgeht beste Frau werden wir warlich noch zu lebendigen Schatten. Es ist mir lieb daß wir wieder auf eine abenteuerliche Wirthschafft ziehen, denn ich halts nicht aus. So viel Liebe so viel Theilnehmung! So viel treffliche Menschen und so viel Herzensdruck. Leben Sie wohl. Lassen Sie sich die Grasaffen, besonders die Imhof was vorschäckern. Fühlen Sie daß ich an Sie dencke, und daß ich wieder einen Theil des Weegs reiten werde, den ich mit Ihnen gefahren bin.“

Auf dem Ritt von Weimar zum Kahlert hat er wirklich an Frau von Stein gedacht. An der Brücke über die Ilm schreibt er an sie12: „Kranichfeld an deiner Brücke den 2. Sept. 1776 Hierhergetrabt die Brust voll tiefem Wühlen/ Planvoller Aussicht, sehnt sich nun/ Mein Herz ein Weilgen auszuruhn/ Und wieder rein an der Natur zu fühlen/ Und wieder was für dich zu thun.“ Dazu fertigt er eine zarte Bleistiftzeichnung der Brücke, ganz auf den Durchlass für die Ilm focussiert. Nicht der Weg über den Fluss, sondern das flache Wasser mit den gerundeten Steinen ist das Thema. „Deine Brücke“ – das erinnert an ein Gespräch, das Goethe und Charlotte von Stein führten, als sie im Wagen über diese Brücke fuhren. Goethe zeichnet viel in dieser Zeit, weil es der Geliebten gefällt, und Gedicht und Zeichnung hat er an Frau von Stein geschickt, sofort, noch von Ilmenau aus, wo die Weimarer Jagdgesellschaft mittags rastete.

 

Der Dorfschulmeister als Zeichner

Auch Wolfgang Nicol Eberhardt zeichnet. Er weiß, dass er am 3. September 1776 Zeuge des „größten Aufzugs“ an Menschen und Pferden werden wird, den er in seinen vierzig Lebensjahren je gesehen hat! Die Vorbereitungen dazu erlebt er mit. Da wird wochenlang das Rotwild zusammen getrieben und in Gatter eingesperrt. Da werden Heu und Hafer für viele Pferde angeliefert, da wird Bier gebraut, da werden Vorbereitungen für ein festliches Mahl getroffen und vor allem wird eine Jagdkanzel gebaut, direkt am Kahlert, ganz in der Nähe von seinem Schulort Altenfeld.

Kahlert ist ursprünglich ein Familienname. Christoph Kahlert hatte am 24. Mai 1727 „die Gastungs- und Braugerechtigkeit auf ein zwischen Gießübel und Neustadt zu erbauendes Wohnhaus“13 erhalten. Das Wirtshaus hieß eigentlich Zum Falken, aber der Name Kahlert bürgerte sich ein und so heißt der Ort bis heute. Natürlich erleichterte das Wirtshaus dem Gastgeber der Jagd, dem Prinzen Joseph von Hildburghausen, die Bewirtung der Gäste. Ob die Jagdkanzel 1776 an der Stelle stand, die noch heute Schießplatz heißt, ist nicht bekannt.

Der Schuldiener Eberhardt nutzt die Gelegenheit: er zeichnet den neu errichteten Jagdschirm.

Der Jagdschirm am Kahlert 1774

Bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts hing diese kolorierte Zeichnung im Pfarrhaus von Altenfeld, heute wird sie im Stadtmuseum Hildburghausen aufbewahrt. Sie ist nicht viel größer als ein DIN-A-4-Blatt. In ihrer Mitte zeigt sie die Jagdkanzel, einen dreifenstrigen Pavillon auf erhöhtem Fundament mit einem geschwungenen Treppenaufgang, rechts und links geht der Pavillon in bedachte Pergolen über, die von viereckigen Lauben mit Dachbalkonen abgeschlossen werden. Hinter dem zierlichen Gebäude eröffnet sich ein eingefriedeter Rasenplatz, der bei gutem Wetter zu Rast und Mahl einlädt. Dahinter erscheint der Tannenwald. Rechts und links vom Jagdschirm sind perspektivisch die Laufgatter für das Wild angedeutet, mit einer festen Balustrade gegen das Gebäude und seinen Hof, mit Latten und Lappen gegen den Wald abgeschirmt. Darin läuft das zusammen getriebene Rotwild. In der Mitte der Treppe vor der Jagdkanzel steht ein Höfling in Jagdtracht. Vor den Lauben rechts und links ist je ein Grenadier postiert. Der linke schultert sein Gewehr, wie es sich gehört. Der rechte streckt hilflos die leere Hand aus: „Beim Umbiegen um die Ecke blieb das Geweih eines Hirschen im Gewehrriemen des Postens hängen und entriß ihm die Waffe. Beim Weiterlaufen überschlug sich das Gewehr, der schwere Kolben stieß auf den Boden u. das Bajonett bohrte sich dem Hirschen todbringend in die Brust.“14 Dieser Hirsch bildet den Vordergrund der Zeichnung.

Der sich selbst erstechende Hirsch

Darunter setzt der Lehrer in Schönschrift den Text:

Dies war das Prächtige Abschießen, welches Ihro Durchl. Prinz JOSEPH in hoher gegenwart des Durchl. Hertzogs von Weimar, Hertzogs von Gotha, Hertzogs von Hildburghausen, deßen Herr Bruder und gantzen Familie, wie auch Durchl. Erbprintzen von Rudolstadt, Durchl. Printzen von Darmstadt und zweyer Grafen, benebst anderer Staats=Persohnen beym größten Aufzuge gehalten. Solches geschahe nechst am Kahlert, den 3.ten September Anno 1776

inventor Wolfgang Nicol Eberhardt

 

Hat dieser seltsame Jagdunfall wirklich statt gefunden? Oder stellt der sich selbst erstechende Hirsch eine Parodie auf das „Prächtige Abschießen“ dar? Wahrscheinlich handelt es sich um das so beliebte Jägerlatein. Deswegen auch nennt der Schuldiener sich selbst „inventor“, d.h. „Erfinder“. Das Blatt eignete sich als Mitbringsel für die Daheimgebliebenen. Berückend zu denken, Goethe hätte sich neugierig über die naive Abbildung meines Vorfahren gebeugt. Aber wahrscheinlich ist das nicht. Es liegen Welten zwischen ihrer beider Art zu zeichnen, Welten zwischen ihrer beider Liebe zur deutschen Sprache, ja Welten zwischen ihrer beider Wahrnehmung der Wirklichkeit.

 

Das prächtige Abschießen

Für uns sind Zeichnung und Text des Schuldieners eine historische Quelle. Nur dank ihrer wissen wir von den Teilnehmern dieser Jagd. Die andere Quelle ist Goethes Tagebuch: „2. September: Früh halb sechse weg. Mittag. Ilmenau. Abends Ernsthal. 3. September: Jagen. In Ensthal geschlafen. 4. September: Nach Ilm. zuruk. da gegessen und geschlafen.“ Zwei Zeugen für ein vergessenes historisches Ereignis: Wolfgang und Wolffgang – ein wirklicher Künstler und einer, der es gern geworden wäre.

Der Schuldiener Eberhardt nennt die Deutsche Jagd ein „Prächtiges Abschießen“. Damit beschreibt er sehr gut den Höhepunkt solcher Jagden. Die Leistung der adeligen Herrschaften besteht allein im Abschießen. Sie postieren sich, nach Rang vielleicht räumlich, vielleicht zeitlich gestaffelt, in dem luftigen Pavillon, den die Fensterbauer des Thüringer Waldes zu diesem Zweck errichtet haben, und schießen auf das Rotwild, das aus dem geöffneten Gatter rechts dem Gatter links zu rennt. Die Tiere jagen hinter der Jagdkanzel in einem großen Bogen, zwischen den scheuchenden Lappen, herum und erscheinen dann ein zweites Mal vor den Gewehren der Jäger. Wenn die Hirsche nicht „durch die Lappen gehen“, kann das mehrere Male wiederholt werden. Dem überlebenden Rest wird am Ende manchmal das Leben geschenkt. Jedenfalls heißt es in einem der Jagdgedichte15 von Reinhardsbrunn bei Gräfenhain über das Ende eines solchen „Eingestellten Jagens“:

Noch über 50, die wohl auf,

Die standen nun noch auf dem Lauf.

Die Herrschaft war so sehr zufrieden,

Ja das Vergnügen, das erregt,

Daß sie der Jägerei gebieten,

Die das Zeuch16 nun niederlegt,

Um selbsten noch mit anzusehen,

Wie diese in die Freiheit gehen.“

Ob das am Abend des 3. September 1776, als die Jagdgesellschaft ermüdet und hungrig war, auch so gehalten wurde, ist nicht überliefert. Die Bewohner der Walddörfer hatten wenig übrig für diese Art der Barmherzigkeit. Die Wildschäden waren gefürchtet, und sie selber durften nicht ein einziges Tier der Hohen Jagd erlegen.

Über den genauen Verlauf des „Prächtigen Abschießens“ wissen wir leider nichts. Von den Briefschreibern der Weimarer Szene erwähnt nur Wieland Termin und Teilnehmer. In einem Brief an den Dichter Gleim entschuldigt er sich dafür, dass er den Besuch Gleims in Weimar verschieben wollte, und schreibt am 2. Sept. 177617:

Wenn ich hätte voraussehen können, Bester Gleim, - daß ich durch meine wohlgemeinte Bitte, Ihre Reise zu uns bis zur Wiederkunft des Herzogs von seinem geliebten Ilmenau aufzuschieben“ Ihre Reise verhindern würde! „Es hatte der Herzog diesen Sommer soviel Verlangen bezeugt, Sie … kennenzulernen, und auch Goethe … und Bertuch (der ebenfalls zu Ilmenau beim Herzog sein musste) wäre so untröstlich darüber gewesen …“. Die übrigen Literaten des Hofes, Knebel, Bertuch, Lenz, der Herzog selbst – niemand erwähnt die Jagd auch nur mit einem Wort18: sie hatten sie gemeinsam erlebt und konnten sich auf dem Heimritt mündlich darüber austauschen. Wie gern wüssten wir, wie das „prächtige Abschießen“ organisiert war und wie es abgelaufen ist!

Ziemlich sicher ist, dass es früh am Morgen des 3. September anfing. Entsprechend mussten die Teilnehmer vorher angereist sein und im Gebirge übernachten. Als Herberge diente das Jagdschloss Ernstthal der Hildburghäuser Herzöge. Es ist das heutige Thüringer Forstamt Schönbrunn. Die Herzogsfamilie hat das Haus nicht erbaut, sie hat es gekauft. Das feste Gebäude mit den edlen Maßen, Naturstein unten, Fachwerk oben, war ursprünglich ein Gutsherrenhaus der Nürnberger Gebrüder Meinold, die hier eine Drahthütte betrieben. Die Hildburghäuser haben es umgebaut zum Jagdschloss. Ernstthal heißt es nach einem von ihnen19. Sie pflegten sich im Sommer öfter dort aufzuhalten. Für gewöhnlich aber wohnte ein Förster darin.

Einen der weitesten Anreisewege hatten die Weimarer. Aber sie sind auch die jüngsten Jagdgenossen. Erst am 2. September morgens um halb 6 Uhr reiten sie los: Herzog Carl August von Sachsen-Weimar in Begleitung seiner Schwäger, des Erbprinzen von Hessen-Darmstadt und dessen Bruder, im Gefolge sein Freund Goethe, sein Schatullverwalter Justin Bertuch, sehr wahrscheinlich Herr von Wedel, sein Jagdjunker, dann Hofrat von Kalb, Hofrat von Einsiedel und der Hauptmann von Knebel20, eventuell auch Siegmund von Seckendorf und Herr von Stapf. Keiner von diesen Männern ist älter als dreißig Jahre. Man duzt sich, den Herzog einbegriffen21. Den Aufbruch von Weimar kann man sich so vorstellen, wie Goethe es Jahre später in seiner „Novelle“ beschrieben hat: „Ein dichter Herbstnebel verhüllte noch in der Frühe die weiten Räume des fürstlichen Schlosshofes, als man schon mehr oder weniger durch den sich lichtenden Schleier die ganze Jägerei zu Pferde und zu Fuß durcheinander bewegt sah. Die eiligen Beschäftigungen der nächsten ließen sich erkennen: man verlängerte, man verkürzte die Steigbügel, man reichte sich Büchse und Patronentäschchen, man schob die Dachsranzen zurecht, indes die Hunde ungeduldig am Riemen den Zurückhaltenden mit fortzuschleppen drohten. Auch hie und da gebärdete ein Pferd sich mutiger, von feuriger Natur getrieben oder von dem Sporn des Reiters angeregt, der selbst hier in der Halbhelle eine gewisse Eitelkeit, sich zu zeigen, nicht verleugnen konnte. Alle jedoch warteten auf den Fürsten, der, von seiner jungen Gemahlin Abschied nehmend, allzu lange zauderte.“22

Von der Dienerschaft des Herzogs Carl August nehmen teil: die beiden Jagd-Lakaien Scheffler und Kammer, die Kammerdiener Wagner und Metzler, der Läufer Seilschmidt, der Jäger und Büchsenspanner Stoll, die Jäger Kramer und Scheffer und die Reitknechte Bargfeldt und Schilling, außerdem vier Diener des Erbprinzen von Darmstadt, Hoftrompeter und Pauken, Hofhoboisten, Regimentshoboisten sowie vier Husaren zur Bedeckung. Der Wagen mit den Kutschern Straube und Golenski, der das Gepäck und die Waffen befördert, ist vielleicht einen Tag eher losgefahren.23

Sie haben eine Strecke von rund 80 Kilometern zu bewältigen. Die erste Rast ist in Kranichfeld, in Berka stößt Reinhold Lenz zu der Gruppe24, mittags sind sie in Ilmenau, wo sie eventuell die Pferde wechseln, und abends erreichen sie das Jagdschloss Ernstthal auf der Südseite des Thüringer Waldes.

Nicht alle Jagdgesellschaften sind so groß wie die Weimarische. Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg bringt als Jagdgenossen nur seinen Oberstallmeister von Hardenberg, einen Büchsenspanner und einen Jagdlakai mit25. Im Fourierbuch heißt es, er sei „früh 7 Uhr auf die Jagd nach Ernstthal gefahren“. Gewiss gehören also zwei Kutscher mit Wagen dazu und natürlich sind alle vier Männer beritten, brauchen dafür ihre Reitknechte. Herzog Ernst II. ist 1776 einunddreißig Jahre alt, seit 1769 verheiratet und seit 1772 regierender Fürst. Von ihm heißt es, dass er geistige Beschäftigung den höfischen Vergnügungen vorgezogen habe26. Aber so leicht schlägt man die Einladung eines alten Verwandten nicht aus! Außerdem freut er sich vielleicht auf ein Wiedersehen mit Goethe, den er schon seit 1771 kennt und wenige Jahre später in seinen Illuminatenorden aufnehmen wird. Während die Weimarer schon am 6. September wieder zu Hause eintreffen, kehrt Herzog Ernst II. nach dem Fourierbuch erst am Sonnabend, dem 7. September, nach Hause zurück. Vielleicht ist er länger mit den Hildburghäusern zusammen geblieben oder er hat auf dem Rückweg einen Besuch in Rudolstadt oder auf seinem Jagdschloss Reinhardsbrunn gemacht.

Aus Rudolstadt ist nicht der regierende Fürst, sondern der Erbprinz Friedrich Carl angereist. Er ist bereits vierzig Jahre alt, aber da sein Vater Fürst Ludwig Günther II. mit seinen 68 Jahren immer noch rüstig ist, ist Friedrich Carl nicht Regierungschef. Sein Weg nach Schönbrunn ist kürzer als der der Gothaer und Weimarer. In seiner Begleitung befinden sich zwei Grafen, die mein Vorfahr nicht identifizieren konnte. Ich nehme an, dass es die „jungen Herrn Grafen von Schlaitz“ sind, die Ende August auf der Heidecksburg zu Gast weilen und denen Fürst Ludwig Günther am 31. August „zum Balle aufspielen lässt“ durch seine Hauboisten27. Vermutlich hat der Erbprinz die jungen Gäste dann mitgenommen, um ihnen ein weiteres Vergnügen zu bereiten. An Jägern und Dienern wird es auch hier nicht gefehlt haben.

Die Hildburghausener hatten den kürzesten Weg, sie waren auch die ältesten. Der regierende Herzog Ernst Friedrich III. Carl von Hildburghausen ist 1776 bereits 49 Jahre alt. Nach einer Darstellung im Museum Hildburghausen war er ein schöner, aber recht beleibter Mann. Vielleicht hat er den Weg zum Jagdschloss lieber in einer Kutsche als zu Pferde gemacht. Von Ernstthal zum Kahlert allerdings hat er wohl reiten müssen. Sein Bruder, Prinz Friedrich Wilhelm Eugen von Hildburghausen war nur wenig jünger, 46 Jahre alt. Dass er die „ganze Familie“ mitbrachte, wie mein Vorfahr notiert, lässt ebenfalls eine Kutsche angemessen erscheinen. Waren also auch Frauen auf der Jagd? Oder heißt „Familie“ in diesem Falle Söhne und Neffen? Schade, dass man das nicht weiß.

Der Gastgeber Prinz Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen ist bestimmt schon am 1. oder 2. September im Jagdschloss Ernstthal eingetroffen. Dass er der „Prinz Joseph“ ist, den mein Vorfahr nennt, haben die Archivrätinnen von Meiningen und Altenburg sofort erkannt. Goethes Tagebuch28 bestätigt das. Danach ist am 11. August der Obristwachtmeister des Prinzen Joseph in Ilmenau gewesen, wo der Herzog und seine Begleitung sich aufhielten. Damals hat er vermutlich die Einladung zur Jagd überbracht. Mit eingeladen waren offenbar die Brüder der Herzogin, die gerade zu Besuch weilenden Prinzen von Hessen-Darmstadt, sowie die nähere Umgebung Carl Augusts, zu der Goethe und Bertuch gehören. Goethe notiert, wann der Hof sich entschließt, an der Jagd teilzunehmen: „29. August. Jagd mit Pr. Jos. entschl.“ Hier wie die Kommentatoren des Tagebuchs „entschlafen“ zu vermuten29, ist abwegig. Carl August hat sich entschlossen, trotz der Kränkung, die die Teilnahme an dieser Jagd für seine junge Frau bedeutet, die nun seinen Geburtstag nicht mitfeiern kann30. Goethe hat sich entschlossen, obwohl er sich dazu wieder von Frau von Stein trennen muss. Dass der Gastgeber auch den Herzog von Sachsen-Gotha, den Erbprinzen vom nahen Rudolstadt und zwei Grafen einlädt, verzeichnet Goethe nicht. Dem verwöhnten Hofmann imponieren die hohen Herrschaften weniger als dem Dorfschulmeister. 1778 schreibt der Dichter ins Tagebuch31: „… vier bis fünf Herzöge von Sachsen in einem Zimmer machen auch nicht die beste Konversation.“

Wie darf man sich die „abenteuerliche Wirtschaft“ vorstellen, auf die Goethe sich so freut? Dampfende Suppenkessel über offenen Feuern im Hof des Jagdschlosses, Spanferkel und Hähnchen am Spieß, Körbe mit frischem Obst und Gebäck, auf Böcken Fässer von Bier, an denen gezapft wird, während die Hoftrompeter, Pauken und Hauboisten aufspielen? Später dann Tanz mit den Dorfmädchen, das Waschen am laufenden Brunnen und das Schlafen auf dem Fußboden im Stroh32? Das Haus ist groß, aber die Jagdgesellschaft bestand insgesamt wohl aus ungefähr hundert Männern. Auch vermutet der Regionalforscher Wolfgang Lösch, dass das Schloss nicht bequem zum Übernachten eingerichtet war. Seiner Ansicht nach wurden die vornehmsten Gäste in den zwei Wirtshäusern von Ernstthal untergebracht, die über ordentliche, auch heizbare Zimmer mit Betten verfügten. Aber ich habe im Weimarer Großherzoglich-Sächsischen Hausarchiv33 von einem Ausflug des Großherzogs mit Goethe an den Kyffhäuser gelesen, wo die beiden verwöhnten Stadtmenschen die Betten des Wirts Lutzir ausschlugen und auf einer frisch geschütteten Streu schlafen wollten. Das lässt sich also nicht klären.

 

Die Gastgeber der Jagdgesellschaft

Organisiert haben die Deutsche Jagd die Beamten von Hildburghausen, Herr Obristwachtmeister von Beust und Herr Oberforstmeister von Bieber. Mitgewirkt beim Ablauf der Jagd am nächsten Tag haben sicher die Forstbeamten vom Dreiländereck: der Hildburghäusische Förster von Ernstthal Wilhelm Heinrich Lomler, der Weimarische Floßverwalter und Förster Christian Gotthelf Oettel aus Stützerbach und Adam Wilhelm Fuchs, der Schwarzburg-Sondershauser Förster in Großbreitenbach.

Über den Veranstalter der Jagd schreibt Frau Archivrätin Witter34: „Prinz Joseph Friedrich war, im Gegensatz zum Herzog, persönlich sehr vermögend. Dass er der Jagdleidenschaft frönte, ist bekannt. Rechnungen über sein Privatvermögen haben wir allerdings nicht….“ 1776 ist der Prinz bereits 74 Jahre alt, aber offenbar rüstig. Seinem Lebensalter kommt die Deutsche Jagd mit ihrer bequemen Jagdkanzel entgegen. Prinz Joseph ist nicht regierender Fürst35. Das ist sein Neffe Herzog Ernst Friedrich III. Carl von Hildburghausen. Frau Archivassistentin Lorenz vom Thüringischen Staatsarchiv Altenburg schreibt dazu: „Das Fürstentum Hildburghausen stand seit 1769 wegen seiner hohen Staatsschulden unter einer kaiserlichen Debitkommission, deren Mitkommissäre Prinz Eugen von Hildburghausen (Bruder des Fürsten Ernst Friedrich III. Carl) Prinz Joseph (Maria) Friedrich von Hildburghausen und die Herzogin-Witwe Charlotte Amalie von Meiningen waren.“36 Das Schatullbuch des Prinzen Joseph, wo die Ausgaben und der Verlauf dieses Jagdfestes verzeichnet sein müssten, findet sich auch in Altenburg nicht.

Immerhin gibt es im Thüringischen Staatsarchiv Meiningen die Akte „Unterthäniger Bericht an die Herzoglich Sächsische Hochlöbliche Cammer zu Hildburghausen von Heinrich Ludwig Gorthner aus Heldburg vom 11. May 1775“. Ihr ist unter „VIII B b 6: Ihro des Herrn Herzog Joseph Friedrich Hochhzgl. Durchl. vermöge Recessus de 4. August 1724 abzugebende Deputata, und die darauf gepflogene Abrechnung betr. 1776/ 1777“ hinzugefügt worden. Danach sind „vor 80 Tlr. Altes Heu, so nach Ernstthal geliefert worden an Johann Martin Vogt zu Giesübel lt. Quittg Nr. 6“ und „vor 25 Centr. Altes Heu an Johann Nicol Beezen zu Unterneubrunn zahlt laut Quittung Nr. 7, vor 157 Cr. 2 rthl. Haber á 1 ß so von 7. Aug. bis 3. Sept. 1776 aus der Amtsverwaltung zu Eißfeld nach Ernstthal geliefert worden, laut Bescheinigung d. 5. Sept. 1776 Nr. 8“. Diese Naturalien aus den Kammergütern von Hildburghausen belegen die Vorbereitung der Jagd um das Jagdschloss Ernstthal im heutigen Ort Schönbrunn. Futter für viele Pferde war eine der Voraussetzungen für eine festliche Jagd im Gebirge. Weiterhin wird in dieser Abrechnung erwähnt, dass der Prinz von dem ihm zustehenden Deputat an Wild „5 Hirsche, 4 Starcke und 1 Schmal-Thier von Abjagen den 3. Sept. 1776 l.Q. Nr. 12“ erhalten habe. Durch diese Daten ist zusätzlich belegt, dass das Abjagen wirklich am 3. September 1776 und im Bereich der Hildburghausischen Försterei Ernstthal stattfand. Und es klingt so, als seien noch mehr Tiere an diesem Tag geschossen worden, die aber nicht zum Deputat des Prinzen gehörten.

Es gibt noch eine weitere historische Quelle für die Jagd am Kahlert, das ist das Schatullbuch von Carl August von Sachsen-Weimar. Justin Bertuch hat es penibel geführt. Dazu muss man wissen, dass Carl August im Sommer 1776 eigentlich gar kein Geld mehr hatte. „Für die Jahre 1776/77 lässt sich die Unordnung in der fürstlichen Schatulle eindeutig belegen. Bertuch monierte im Sommer 1776, daß er sich von der Kammer37 bereits Vorschüsse auf den Monat Januar des folgenden Jahres habe auszahlen lassen, diese aber bereits „völlig absorbiret“ wären. Trotzdem hatte er am 24. August 1776 offene Rechnungen in Höhe von 2.572 und einen Verzug bei den Besoldungszahlungen von 2.496 Reichstalern. Mehrfach machte der Schatullier auf die „wahre Lage“ der fürstlichen ‚Privatkasse’ aufmerksam, die von Carl August entweder nicht gesehen werden konnte oder wollte. …Aus all den Aktennotizen wird der regellose Anweisungsstil des Herzogs deutlich. Er entschied trotz aller guten Vorsätze nach jeweiligen Launen, Interessen und den Wünschen seiner Umgebung.“ 38.

Die Einladung zur Jagd am Kahlert kam dem jungenhaften Herzog sehr gelegen. Seinen Geburtstag zu Hause zu feiern, hätte wahrscheinlich einigen Aufwand erfordert. Nun braucht er nicht den Gastgeber zu machen. Dazu ist er leidenschaftlicher Jäger. Zwar sind ihm Treibjagden und Tierhetzen lieber als so ein „Eingestelltes Jagen“. Aber auch das hat seinen Reiz.

Auch Goethe ist der Jagd nicht abgeneigt. Oft begleitet er seinen Freund, den jungen Herzog, zu Jagdausflügen am Ettersberg oder bei Tieffurt. Beide sind wagehalsige Reiter39. Gemeinsam jagen sie in Ilmenau. Auch allein geht Goethe auf die Pirsch, sowohl zu Hause an der Ilm auf Enten als auch am Kickelhahn auf einen Hirsch. Er besitzt eine Schrotflinte und eine Kugelbüchse. Am 27. Juli dieses Jahres hat er „im Sächsischen“ einen Hirsch erlegt. Das vermerkt er zufrieden in seinem Tagebuch40. Auf die Jagd zu gehen, war für den Höfling die einzige körperliche Anstrengung, der er sich mit Anstand unterziehen konnte, und die einzige Möglichkeit, dem Weimarer „Herzensdruck“ zu entfliehen. Ob er aber in Anwesenheit so vieler Durchlauchten auch selbst zum Schuss kam, weiß ich leider nicht.

 

Die Kosten des Jagdvergnügens

Ganz umsonst ist die Geburtstagfeier im Wald für Carl August nicht. Reisekosten entstehen, Gastgeschenke werden erwartet. Aus der Herzoglich-Weimarer Schatulle werden bezahlt:

September

155 rth. 5 gr. Reisekosten und Tranckgelder bey Sereniss. Anwesenheit beym Ernstthaler Jagen. l. R. u. Qug d. 4. Sept. Nr. 823

17 rth. 2 gr dem Hofriemer Leut für Arbeit l. R. u. Qtg d. 4. Sept. No. 823

6 rth. 9 gr. dem Büchsenspanner Stoll für Auslagen l. R. u. Qug den 7. Sept. Nr. 826

11. Sept.

3 rth. 14 gr. Diäten dem Kammerdiener Wagner und Mezler auf 4 Tage, nebst Zehrung für unterwegs, bey Gelegenheit des Jagens zu Ernstthal l. Qug. d. 4. Sept. Nr. 827

1 rth. 8 gr. dem Laufer Seilschmidt desgl. auf 4 Tage l. Qug. d. 7. Sept. Nr. 828

4 rth. desgl. den 3 Jägern Stoll, Kramer und Scheffer auf 4 Tage l. Qug. d. 7. Sept. Nr. 829

2 rth. 16 gr. desgl. den beyden Kutschern Straube und Golenski auf 4 Tage l. Qug. d. 7. Sept. Nr. 830

3 rth. 8 gr. desgl. den beyden Reitknechten Bargfeldt und Schilling l. Qug. d. 6. Sept

12 rth. den Hoftrompetern und Paucken Douceur an Sereniss. Geburtstage l. Qug. d. 4. Sept

10 rth. desgl. den Hof Hauboisthen l. Qug. d. 9. Sept. No. 833

10. rth. desgl. den Regiments Hauboisthen l. Qug. d. 13. Sept. No. 834

5 rth. 20 gr. Pferdemiethe und Futter für den Kammerdiener Wagner und Müzler beym Ernstthaler Jagen l. Q. d. 7. Sept. Nr. 843

Dass eine ganze Kapelle aus Weimar mitreiste, war vielleicht ein Geschenk an den Gastgeber, trug es doch sehr zur Festlichkeit der Jagd bei. Gleichzeitig diente die Musik natürlich zur Verherrlichung des Geburtstags der jungen Durchlaucht. Geschenke an die pflichteifrigen Hildburghäuser Organisatoren hatte Carl August auch im Gepäck: eine goldene Dose für den Obristwachtmeister von Beust und eine goldene Uhr für den Oberforstmeister von Bieber. Natürlich musste er sie auch bezahlen! Bertuch notiert:

134 rth 8 gr. Dem Hofjuwel. Kopp für eine goldenen Dose, die der H. Obristwachtmstr. von Beust beym Ernstthaler Jagen zum Präsente erhalten l. R. u. Qtg. vom 28. Sept. Nr. 805.

41 rth 8 gr dem Hofjuden Elkan für ein golden Uhr zum Präsent für den H. Oberforstmstr. v. Bieber bey ebendieser Gelegenheit l. R. u. Qtg. vom 28. Sept. Nr. 806“

Ob die Husaren in Hildburghausen und Burgscheidungen zur Sicherheit der Herzöge nötig waren, kann ich nicht beurteilen, aber bezahlt wurden sie auch:

Vier Reichsthaler 6 gr. Zuschuß Gelder vor die Hussaren welche auf Herzogs Befehl nach Hildburghausen und Burgscheidungen Commandirt gewesen“.

Das ist eine ganze Menge Geld für einen Neunzehnjährigen, der pleite ist. Aber an das Schuldenmachen hat sich Carl August gewöhnt. Der Zwang, standesgemäß aufzutreten, ist größer als die Sorge um die Staatsfinanzen. Dass „die Kammer“, die das Geld letztendlich auftreiben musste, seit Jahren nah am Ruin war, wollte er nicht wahrhaben. Dabei hatte er das Beispiel seines Vetters in Hildburghausen vor Augen, dem man die Souveränität über sein Land weggenommen hatte und wo die Steuergelder nun direkt in die Taschen seiner Gläubiger flossen. Was denkt Goethe darüber? Jahre später wird er selbst die Kammer übernehmen und teilweise sanieren. Heute flüchtet er in die Natur. „…sehnt sich nun mein Herz, ein Weilgen auszuruhn und wieder rein an der Natur zu fühlen …“ Wie denkt der Schuldiener von Altenfeld über Geld? In seiner Chronik von der Hungersnot schreibt er:„Auch konnte damals mir und dem Herrn Pfarrer Wolfgang Nicol Krannichen die gewöhnliche Besoldung von der Gemeinde nicht gereicht werden, so daß wir also, weil wir in Jahr und Tag wenig oder nichts erhielten, uns auch in sehr kümmerliche Umstände versetzt sahen.“ Er schreibt das im Imperfekt. Offenbar hat er inzwischen wieder seine Besoldung. Wird er im Gespräch erfahren, dass viele der Diener des jungen Herzogs von Sachsen-Weimar seit Monaten kein Gehalt erhalten haben? Oder ist dazu die Jagd viel zu kurz?

 

Nachwirkungen eines Ereignisses

Nur einen Tag lang dauert der „größte Aufzug“. Dann ist alles vorbei. Am Morgen des 4. September zerstreuen sich die Teilnehmer in alle vier Winde: nach Rudolstadt, nach Weimar, nach Gotha und nach Hildburghausen. Im Jagdschloss Ernstthal beginnt das große Aufräumen. Und was wird aus der Jagdkanzel? Vielleicht hat der Wirt auf dem Kahlert sie noch ein paar Jahre als luftiges Gartenlokal genutzt, ehe Schnee und Regen sie zerstörten. Davon steht nichts in den Akten.

Für den Schuldiener von Altenfeld kehrt der Alltag wieder ein. Als wäre die Jagd ein Traum gewesen! Aber etwas ist doch geblieben. Er hat neue Bekannte gemacht unter den ansässigen Jagdbeamten. Das kann man an den Paten seines jüngsten Kindes sehen. Bei den vorhergehenden waren immer Glasmeister und Handelsleute Gevatter, bei der kleinen Johanna Maria Elisabetha, geboren im Juli 1778, kann er „Frau Johanna Maria Fuchsin Weyl. H. Adam Wilhelm Fuchsens gewesenen Hochbestallten Försters in Breitenbach nachgelaßene Ehegattin und Frau Johanna Elisabetha Oetteltin, H. Christian Gotthelf Oettels Hochfürstl. Sachs.=Weymarisch: Hochbestalten Floßverwalters und Försters in Stützerbach Eheliebste“ als Patinnen gewinnen41. Vielleicht hat seine Zeichnung von der Jagdkanzel den Sondershäuser Förster von Breitenbach und den Weimarischen Förster von Stützerbach erfreut! Jedenfalls kann er ihre Ehefrauen bitten, seine Tochter aus der Taufe zu heben.

Das Kind wird seine Patinnen sehr nötig haben, denn der Schuldiener wird es nicht aufwachsen sehen. Schon 1780 stirbt er, vierundvierzig Jahre alt. Sein einziger überlebender Sohn, mein Vorfahr Wolffgang Nicolaus, ist damals erst sieben Jahre alt. Aber in seiner Heiratsurkunde lässt er sich „Sohn des wohlverdienten und Kunsterfahrenen Schuldieners zu Altenfeld“ nennen42.

Was ist eigentlich passiert? Ein Mann von Geblüt hat eine Einladung gegeben. Seinem Geschmack gemäß war es eine Einladung zur Jagd. Dem Zeitmuster des Absolutismus gemäß war es eine Deutsche Jagd, inszeniert wie ein Theaterstück auf einer Bühne. Die Gäste waren Herzöge und Prinzen, dazu „Staatspersonen“, die Hofgesellschaft mehrerer regierender Häuser. Eine Militärkapelle aus Trompeten, Pauken und Oboen spielte, goldene Geschenke wurden den hochgestellten Dienern des Gastgebers überreicht. Es war die perfekte Show! Dazu gehörte ein mit Blumen geschmückter Pavillon, als Ehrenwachen Grenadiere, dazu gehörten Jäger und Köche, Husaren und Lakaien, Pferdeknechte, Hundeführer und Kutscher. Und natürlich brauchte man auch das Volk, als Erbauer des Pavillons, als Verteiler der Lappen und Zäune, als Treiber des Wildes, aber schließlich und vor allem als Zuschauer.43 Was wären Stars ohne die gaffende Menge? Was wäre das prächtige Abschießen ohne die, die der „größte Aufzug“ von „Staatspersonen“ magisch anzieht, weil sie sich so sehr nach Unterhaltung sehnen?

Natürlich waren die hohen Herrschaften alle entfernt miteinander verwandt oder verschwägert. Gab es auch einen politischen Hintergrund? Waren die Gäste zum Teil auch Gläubiger des Neffen des Gastgebers? Sollten sie durch die Einladung um Aufschub ihrer Forderungen gebeten werden?

Unsere Zeugen Wolfgang und Wolffgang, aber auch die vorhandenen Akten gehen darauf nicht ein. Nicht nur das eigentliche Jagen ist für sie kein Thema, auch die Ursachen und Gründe der Einladung sind ihnen gleichgültig. Dem Künstler Goethe geht es um Entlastung vom Herzensdruck, um die rein gefühlte Natur, um „abenteuerliche Wirtschaft“ als Erholung vom Zwang der Etikette.

Dem Schulmeister Eberhardt geht es um den „größten Aufzug“ der Stars seiner Zeit im sonst so stillen Wald, um eine Betätigung als „inventor“ einer witzigen Zeichnung, um Abwechslung im Gleichmaß von Arbeit und Armut.

Und worum geht es uns? Am 3. September 1776 war Johann Wolfgang von Goethe bei der Jagd am Kahlert. Den Weg von Ilmenau herauf ist er geritten, über Gießübel hinunter ins Tal zum heutigen Thüringischen Forstamt Schönbrunn, dem damaligen Jagdschloss Ernstthal. Hier, in diesen Mauern, wo heute die Computer einer modernen Forstverwaltung rauschen, hat er übernachtet, zwei Septembernächte vor nun schon zweihundertdreiunddreißig Jahren. Offenbar hat er keinen Hirsch geschossen. Das hätte er erwähnt.

1 Zur Deutschen Jagd siehe: Sigrid Schwenk (Bamberg), Von der hohen Kunst zu jagen. Jagdmethoden im 18. Jahrhundert in: Die Jägerey im 18. Jahrhundert, Heidelberg 1991, Colloquium der Arbeitsstelle 18. Jahrhundert, Bergische Universität Gesamthochschule Wuppertal 1988

2 Johann Wolfgang Goethe, Die Leiden des jungen Werthers, dtv Gesamtausgabe Band 13, S. 50.

3 Ev. Kirchenbuch Großbreitenbach, Copulationen 1762, Taufen 1763, Gestorbene und Begrabene 1764.

4 Bernd Hofestädt/Lieselotte Bense, Vom Händelschen Familiensinn, in: Die Familie Händel und Halle, EKKEHARD, Familien- und regionalgeschichtliche Forschungen, Neue Folge 13 (2006), Sonderheft, S.48.

5 Das Kirchenbuch von Großbreitenbach nennt den Vater zwar „Adjutanten“, aber eine militärische Bedeutung dieses Titels muss ausgeschlossen werden. Meine Kenntnisse über die Adjuvanten verdanke ich einem Vortrag von Frau Helga Brück, Erfurt, am 17.9.1999.

6 Dass „Thüringen .. ein günstiges Revier für die Jagd nach Choristen“ gewesen sei, erwähnen mehrere Biographen Johann Sebastian Bachs anlässlich der Ausbildung Bachs im Mettenchor der Michaelisschule von Lüneburg, zitiert in: Hartmut Ellrich, Johann Sebastian Bach in Ohrdruf, in dem Band des Schlossmuseums Arnstadt, Johann Sebastian Bach und seine Zeit in Arnstadt, Rudolstadt 2000

7 Der Lehrer Wolffgang Nicol Eberhardt in Altenfeld in: EKKEHARD, Familien- und regionalgeschichtl. Forschungen, Neue Folge 9 (2002) Heft 3.

8 Regierungszeit 1758 – 1794.

9 „ohne eintziges Nachsuchen“ schreibt Wolffgang Nicol froh. (Kb Altenfeld, Chronik am Anfang)

10 Bode, Wilhelm, Das vorgoethesche Weimar, Berlin 1908, S.140: „Als 1771 Teuerung und Hungersnot das Land bedrückten, schrieb der vierzehnjährige Karl August an den Minister: „Mein Herz ist tief gerührt durch dieses Unglück, und ich wünsche auf’s lebhafteste, einige wirksame Hilfe leisten zu können. Sie würden mich außerordentlich verpflichten, Herr Geheimer Rat, wenn Sie mir zu diesem Ende die Erlaubnis meiner geliebten Frau Mutter erwirken könnten, daß ich 400 Taler aus meiner Schatulle dazu verwenden dürfte, sie unter den hiesigen und Eisenacher Armen zu verteilen. …“ Seine Mutter dachte ebenso; sie ließ aus eigenen Mitteln viele Fuhren Saatkorn aus Polen in’s Land schaffen, aber die Bauern hatten es kaum in Händen, so verzehrten sie es. Sie bestellte neue Fuhren, und nun überließ sie die Verteilung zweien ihrer Beamten, den Brüdern Kirms und deren gestrenger Mutter: vor diesen dreien hatten die Bauern großen Respekt. Nun wurden in der Einfahrt des Kirms’schen Hauses in der Jacobsgasse den Hungrigen Brote gereicht, aber die Bauern mussten dagegen feierlich geloben, das Saatkorn nicht vor der Zeit anzurühren.“

11 Goethe-und-Schiller-Archiv Weimar 25/ W 404

12 Goethe-und-Schiller-Archiv Weimar 25/ W 404

13 www.neustadtamrennsteig.de/neustadt-einst.html, S.2 und Informationen von Herrn Wolfgang Lösch, Schleusegrund

14 Text auf der Rückseite der Zeichnung, signiert mit Joh. Nicol Eberhardt. Es könnte sich dabei um den Schulmeister von Dannheim handeln, der noch 1786 im Amt war. Über den Grad seiner Verwandtschaft weiß ich nichts.

15 „Gedichte, welche sonst unter den Geweihen zu Reinhardsbrunn zu lesen gewesen sind“ aus dem Deutschen Jagd- und Fischereimuseum München, Faksimile 1996, Archiv-Verlag Braunschweig.

16 „das Zeuch“ sind die Lappen, die man aufgehängt hat, um die Tiere den vorbestimmten Weg zu leiten. Wenn man „das Zeuch niederlegt“, findet das Wild den Weg in die Freiheit.

17 Wielands Briefwechsel, bearbeitet von Hans Werner Seiffert, Berlin 1983, 5.Bd., S.545.

18 Auch die Hofjagd vom 10. August 1781, von der ein Bild im Wittumspalais in Weimar überliefert ist, wird in Goethes Tagebuch mit nur drei Worten abgetan: „nach Mittag Jagd.“ Viel wichtiger ist: „Abends um 10 Uhr mit der Herzogin Luise nach Tiefurth vom Jagen gefahren.“ Goethes Werke WA III 1, S. 129.

19 Ute Wackes, Ortschronik der Gemeinde Schleusegrund: „1725 wurde zu Ehren des Erbprinzen mit Genehmigung der Herzogin Sophia Albertine der angesiedelte Flecken Erde als Ernstthal (1726) benannt und das Gut am 2. April 1732 dem Herzog Friedrich II. für 15.000 Thlr. verkauft.“ „1756 erwarb Ernst Friedrich Karl das schon früher im Besitz der Hildburghäuser Herzöge gewesene Jagdhaus Ernstthal … und verwandelte es in ein schönes Jagdschloss.“

20 Düntzer, Heinrich, Goethes Tagebücher der sechs ersten Weimarer Jahre, Leipzig 1889, Erläuterungen zum 2. Sept. 1776.

21 Maltzahn, Hellmuth Frhr. v., Karl Ludwig von Knebel, Goethes Freund, Jena 1929, S.69.

22 Johann Wolfgang von Goethe, Novelle, Goethes Werke, Vollst. Ausgabe, Bd.21,S.126

23 Thüring. HStA Weimar, Fürstenhaus A Schatull-Rechnungen Carl August Nr. 1059 und 1063, September 1776.

24 Lenz wohnte seit Juni in Berka. Goethe erwähnt in seinem Tagebuch, dass er auf dem Rückweg von Ilmenau mit Lenz nach Berka zu Fuß gewandert ist. GW Weimar 1887, III, 1, S. 21

25 Fourierbuch 1776, Quartal Crucis, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Oberhofmarschallamt Nr. 681c/1776. Diese Angabe verdanke ich der freundlichen Hilfe von Frau Dr. Roswitha Jacobsen, Erfurt.

26 siehe Werner Greiling, Andreas Klinger, Christoph Köhler (Hg.), Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg, Ein Herrscher im Zeitalter der Aufklärung, Böhlau 2005.

27 Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt, RS 111-035: Fürst Ludwig Günther II, Jahr 1776.

28 Joh. Wolfgang Goethe, Tagebücher, Historisch-kritische Ausgabe Bd. I,1: 1775 – 1787, Verlag J. B. Metzler, Stuttgart-Weimar 1998, S.24.

29 Joh.Wolfgang Goethe, Tagebücher, Histor.-krit. Ausgabe, Bd. I,2, 1775 – 1787, a.a.O., S.402 zum 29.8.1776.

30 Goethe bittet Frau von Stein in seinem Abschiedsbillet vom 1. September ausdrücklich, ihn bei ihr zu entschuldigen: „Sagen Sie Ihr, dass ich sie noch lieb habe! Versteht sich in gehörigen termes.“

31 Düntzer, Heinrich, Goethes Tagebücher der sechs ersten Weimarer Jahre, Leipzig 1889, Erläuterung zum 14. Sept. 1778.

32 Wolfgang Lösch meint, die hochrangigen Jäger hätten nicht im Stroh, sondern in den Betten der beiden Wirtshäuser geschlafen, doch der Bericht von Joh. Christian Scheinhardt vom Juni desselben Jahres zeigt, dass der Herzog und Goethe die Betten des Wirtes in Tilleda verschmähen und sich daneben in der Stube eine Streu machen lassen. HStA Weimar Großherzogl. Sächs. Hausarchiv A XIX Carl August Nr. 189

33 HStA Weimar Großherzogl. Sächs. Hausarchiv A XIX Carl August Nr. 189: Acta dasjenige betr., was bei Gelegenheit, da des Herrn Herzog zu Sachsen-Weimar Durchlaucht den Küffhäuser besehen, vorgefallen Ao 1776

34 Brief vom 31.5.2005, Zeichen: S-Jagd.

35 Zu seiner Biographie siehe zwei Aufsätze in: Michael Römhild, Olaf Jaenicke, Hildburghäuser Stadtgeschichte, kleines universum, 12/2002: Olaf Jaenicke, Prinz Joseph von Sachsen-Hildburghausen – eine biographische Skizze und Klaus Brückner, Anmerkungen zu Prinz Joseph von Sachsen-Hildburghausen. Olaf Jaenicke erwähnt auch, dass Goethe an der Jagd am 3. September 1776 teilnahm.

36 Brief vom 7.7.2005, Az.6220/Lo.

37 Das war die Bezeichnung für das Staatsministerium der Finanzen.

38 Marcus Ventzke, Das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach 1775 – 1783, Böhlau 2004, S.118.

39 vgl. dazu das Zitat aus Dichtung und Wahrheit:“…ob ich gleich nachher leidenschaftlich und verwegen zu reiten gewohnt war, auch Tage und Wochen nicht vom Pferde kam …“ in: Marlene Baum, „Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde“, Zur Poesie des Pferdemotivs in Goethes Alltag und in seinem Werk, Bd. 17 der Reihe PALMBAUM, Jena 2004, Seite 16

40 Tagebuch vom 27. Juli 1776, Ilmenau, „Treiben im Sächsischen. Hesselbarts Revier. Hirsch geschossen, gehezt.“

41 Ev. Kirchenbuch Altenfeld, Taufen Juli 1778.

42 Ev. Kirchenbuch Dannheim, Copulirte 1798.

 

43 Nach Olaf Jaenicke, a.a.O. S.6/7 sollen bei einer großen Jagd des Prinzen Joseph auf dem Hahnritz bei Bedheim 6.000 Menschen dabei gewesen sein.