Vermutungen über Pierre Henry - Krieg gegen Spanien

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Krieg gegen Spanien

Die zweite Hälfte des Jahres 1807 geht für das Napoleonische Heer ruhig vorbei. Vielleicht konnte der junge Vater seine Familie besuchen. Erst im März 1808 beginnt der Einmarsch der Franzosen in Spanien, und erst in der zweiten Hälfte dieses Jahres geht Daultanne, zum Baron des Kaiserreichs ernannt, mit Napoleon auf den neuen Kriegsschauplatz[21]. Als Napo­leon sich 1809 eilig zum Krieg gegen Österreich auf­macht, läßt er einen Teil des Heeres in Spanien zurück. Es folgt der Gueril­lakrieg, dessen Grauen Francesco de Goya in "De­sastres de la guerra" schildert. Die fran­zösische Besatzungsarmee muß inmitten einer feindlichen Bevölkerung gegen englische und provinzialspanische Trup­pen kämpfen.

In den zeitgenössischen Schilderungen dieses Spanischen Krieges, die aus den Tagebüchern oder Erinnerungen deutscher Offiziere stammen, ist mir einmal Daultanne begegnet[22]: Wil­helm Krieg von Hochfelden, damals noch Capitaine, erzählt von der erneuten Einnahme Madrids durch die Franzosen 1812, nachdem schon einmal 1807 und dann unter Napoleon 1808 Joseph, der Bruder Napoleons, als König der Spanier dort inthronisiert worden ist. Das vielsprachige französische Heer, unter ihm die Badenser, haben in Madrid Garnison be­zogen. "Der König be­wohn­te wieder sein [Madrider] Schloß, die Minister und das spanische Hofpersonal ka­men von Valencia (wohin sie mit dem König vor Wellington geflohen waren) in Madrid an. Marschall Jourdan als Major-General führte das Kommando der Armeen; zum Chef des Ge­neral-Stabs wurde Ge­neral Drouet ernannt, der den 21. Dezember anlangte. Die Gouver­neursstelle versah der würdige General Daultanne; mehrere Divisions-Generale be­zogen ihre Quartiere in Madrid; sie lebten groß und verschwenderisch, glänzende Bälle wurden ab­wechselnd gegeben, wobei jedesmal Joseph erschien ... ...  Die französischen Truppen unter Joseph lagen nun ganz ruhig und erholten sich von ihren Strapazen ... So war denn endlich auch das Jahr 1812 unter vielen Müheseligkeiten vorübergegangen; das schöne Königreich Andalusien und andere mittägliche Provinzen wieder in Feindes Gewalt; ... Sämtliche Regi­menter waren durch Ab­gang aller Art geschwächt, mußten noch überdies starke Caders nach Frankreich abschicken ....Die Nachrichten übrigens, die wir über den französischen Feldzug gegen Rußland im Stillen erhielten, waren nicht dazu geeignet, uns gute Erfolge für das Jahr 1813 hoffen zu lassen; wir sahen vielmehr voraus, daß wir wahr­scheinlich Spanien in Kurzem gänzlich räumen würden ..." Und etwas später[23]: "Marschall Soult erhielt seine Abberufung nach Paris  ... indessen mußte wegen der in Rußland erlitte­nen Niederlage die französische Nord-Armee aus Spanien eiligst auf Wagen nach Deutsch­land abgesandt wer­den und es giengen im Ganzen wenigstens 50 000 Mann von den spani­schen Armee-Korps ab. Am Hof in Madrid war alles in großer Bestürzung, Joseph traf An­stalten, seine Haupt­stadt zu verlassen ... Die Generale erhielten Befehl, sich nach diesen und jenen Distrikten hinzuwenden, um das Letzte zu erpressen, auch unser Chef, der General D'armagnac, erhielt zu diesem Behuf einige Aufträge ... das Regiment Baden kam den 7. März [1813] von Val­demoro und Aranjuez nach Madrid und setzte sei­nen Marsch nach Foncarral fort, wo es übernachtete; der General, die Stabsoffiziere und einige Capitai­nes des Regiments speisten bei Daultanne[24]; nach der Tafel besuchten wir un­sern frühern Comman­danten, den braven General Leval ..." Aus dem unwillkürlichen "wir" ist zu schlie­ßen, daß Hochfelden bei die­sem Abschiedsessen bei Daultanne in Madrid dabeigewesen ist. Er hat ihn also persönlich gekannt und sein Ausdruck "würdig", den er von allen Generalen nur ihm beilegt, scheint seine Achtung vor dem schon älteren Militär auszudrücken. Ich weiß nun, daß die Biogra­phie Beauchamps recht hat, wenn sie meint, daß Daultanne in Spanien kämpfte.

Spanien bleibt bis 1814 Kriegsschauplatz. Und Daultanne soll ebensolange in Spanien ge­blieben sein. Obwohl er am 28. September 1813 ermächtigt wurde, in Pension zu gehen[25], blieb er bei der Armee, zuletzt, 1813 und 1814 unter dem Befehl des General Harispe, mit dem er die letzte Bastion, die Pyrenäen, gegen Wellington verteidigte. Wenn Pierre Henry immer treu­lich im Dienst Daul­tannes stand, hat er nicht am Rußland­feldzug Napoleons teil­nehmen müssen. Er hat, möchte man meinen, mehr die Hitze als die Kälte in seinen vielen Jahren Kriegsdienst erfahren.

 

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