Familien-Erinnerungen Oberstlt. a d Liebert

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Dies ist meine Abschrift eines kleinen Heftes, das mein Großvater Paul Liebert auf Bitten seiner Töchter  in den Jahren 1940/2 geschrieben hat. Es trägt als Anfangsbemerkung: "aufgestellt in den letzten Jahren, abgeschlossen Oktober 1942"

Familien-Erinnerungen väterlicherseits

Die Vorfahren der Urgroßeltern Nitsche u. Cytowski sind mit dem Theologen Comenius 1628 aus Böhmen nach Lissa (in Polen) eingewandert. - Die Großmutter meiner Lissaer Großmutter war eine geb. Nitsche, etwa 1790 geboren. Als Waise wurde sie bei einem Apotheker erzogen und heiratete 1812 den Stadtgut- u. Bäckereibesitzer Cytowski. Der Trauring bestand aus einem breiten Goldreif mit einem Lebensbaum darauf, den ihre Urenkelin Clara Reich, verw. Walsen, geb. Kresser erbte, nun im Besitz ihres Sohnes Erich Walsen (Bankbeamter in Berlin). - Aus dieser Ehe entstammten 5 Kinder, 2 Söhne, 3 Töchter. Die älteste Tochter ist meine Großmutter (väterlicherseits), geb. 1817, 11. 9. , Charlotte, die 2. Tochter heiratete den Brauereibesitzer Anders in Lissa, die 3. den Mühlenbesitzer Grade in Lissa. Die beiden Söhne übernahmen das väterliche Erbe. - Meine Großmutter Charlotte heiratete den Sohn des Mühlenbesitzers Karl Christian Liebert in Kobylin in Posen 1837.

Der nach Polen neigende Mann verließ 1848 seine Familie und wanderte nach Amerika aus - , verschollen. Meine Großmutter mittellos mit ihren 5 Kindern verpachtete den Acker und nahm den Bäckereibetrieb tatkräftig in die Hand, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen und führte ihn bis in die 60er, bis ihre Söhne sie unterstützen konnten. Aus der Ehe meiner Großmutter Charlotte Liebert, geb. Cytowski stammten 4 Söhne und 1 Tochter. Alle 4 Söhne besuchten das Lissaer Gymnasium, in dem sie als "reformiert" freien Unterricht hatten - bis Tertia, damals Erwerb des Einjährig-Freiwilligen Zeugnisses.
Die Kinder: 1. Mein Vater Otto, 2. Louis, jung verstorben, 3. Paul u. 4. Karl sowie 5. Alwine. Sie heiratete 1863 den Landmesser Karl Kresser in Tremessen in Posen und starb nach 5jähriger Ehe bei der Geburt ihres 3. Kindes Clara (Reich), verw. Walsen, geb. Kresser. Von den beiden älteren Kindern starb ein Sohn als Kind, die Tochter Margarete heiratete 1884 den Baumeister Kaulbach in Tremessen u. starb nach kurzer Ehe - Erkältung auf dem Bauhof bei einer Reise ihres Mannes an Lungenentzündung. Die Söhne: 1. Otto, mein Vater, ließ sich 1867 als Besitzer einer Eisenwaren- und Kohlenhandlung in Guhrau Bez. Breslau nieder, später Besitzer der dortigen Dampfmolkerei. Seit dem Tode des Direktors Anfang 1894 mußte er selbst den Betrieb leiten; die vielseitige Arbeit - Sommer und Winter von 5 ° früh an, zumal wir nicht in der Molkerei wohnten, überanstrengte wohl sein Herz, er starb 2. Januar 1897 am Herzschlag.
2. der Sohn Louis starb in jungen Jahren nach der Militärzeit. 3. der Sohn Paul übernahm 1880 die Geschäfte seines Bruders Otto, meines Vaters. Von den beiden Söhnen des Paul starb der eine, Walter, als Kaufmann mit 40 Jahren, der andere, Max, wurde Maler und hat sich schon in jungen Jahren als Maler und Illustrator in Düsseldorf einen Namen gemacht, er fiel im Weltkriege. 4. Karl Liebert, der jüngste Bruder meines Vaters, siedelte nach Amerika über, er war in Loym tätig, unverheiratet, verstorben. Ich kenne ihn von gelegentlichen Besuchen in Deutschland. Von ihm stammt meine schwere goldene Uhr mit Sprungdeckel. 5. Die Schwester meines Vaters Alwine Kresser - siehe vorher.
 
Mütterlicherseits.
Mein Vater Otto heiratete 1868 Emma Saur,Tochter des Stadtgut- u. Mühlenbesitzers Saur in Guhrau, vermögend (30 000 M) und auch sehr tüchtig im Geschäft. Während mein Vater im Kriege war 1870/71, versorgte sie beide Geschäfte und legte damit den Grund zu dem ansehnlichen Vermögen (300 000 M), das er bei seinem Tode hinterließ. - Aus dieser Ehe stammen 5 Kinder
1. Paul Alfred Rudolf - ich, geb. 22. 8. 1869, getauft 16. 9. 1869, konf. 29. 3. 1886.
2. Georg, geb. 1872, er starb durch einen Unfall, innere Verletzungen durch Sturz von einer Mauer im Kohlenhof, unserem beliebten Spielplatz. Später stand auf einem Teil des Platzes unser Wohnhaus.
3. Elisabeth, geb. 28. 1. 1875, verh. mit Brauereibesitzer (früher Reizig'sche Brauerei) Walter Spohn am 15. 5. 1905. Mann 27. 8. 1932 verstorben.
4. Hugo geb. 21. 10. 1877, Apothekenbesitzer in Bad Schönfließ N/M, verh.;
5. eine Tochter, die ganz klein starb.
Seit dem Tod von Georg kränkelte meine Mutter, schwermütig. 1878 war sie in Bad Landeck i./Schles., daher stammt meine kleine silberne Uhr - zu meinem Geburtstag. 1879/80 war meine Mutter in einem Nervensanatorium bei Breslau. Am 29. Oktober 1880 entschlief sie, noch nicht 30 Jahre - sanft zu Hause. Ihre letzten Worte sollen gewesen sein - ich war in der Schule -: Paul wird Militärarzt!
Interessant sind Erzählungen aus früheren Guhrauer Tagen von meiner Großmutter, Amalie Saur, geb. Matthie, geboren 24. 3. 1825, gest. 6. 1. 1885, und meiner Mutter: Wie die Guhrauer Müller ihre Mehlsäcke mit Wagen in tagelanger Fahrt nach Berlin brachten und dabei auch bis zum König, dem alten Fritzen, gelegentlich vorstießen mit ihren Wünschen, und dann im Wagen ihre Geldsäcke nach Hause brachten. - Bei einer solchen Fahrt ist auch mein Urgroßvater beim König mit Erfolg vorstellig geworden zur Änderung seines Namens Sauer, deren es in Guhrau mehrere gab, in Saur - wohl aus seinem Müllerstolze heraus!
Ein typisches Guhrauer Stadtbild, dessen ich mich noch erinnere, war es, wenn die angesehenen, vermögenden Müller von der Alt-Guhrauer-Straße aus dem Topfenmarkt in ihren Müllerpelzen (Schafspelze, rauhe Seite nach außen) mit ihren langen Pfeifen und ihren Laternen in die Reizig'sche Brauerei zum Abendschoppen gingen.
Die aufkommenden Dampfmühlen in der Umgebung von Guhrau, z. B. in Wohlau, Steinau pp ließen die Bedeutung der Windmühlen verschwinden; einst standen bei Guhrau - sagt man - 99 Windmühlen, die 100ste brannte der Legende nach immer ab. Mühlen aber stehen jetzt noch um Guhrau herum.
Die Vorfahren meiner Mutter sind durch Generationen hindurch Saur, Acker- und Mühlenbesitzer und Jäger in Guhrau. Aufzeichnungen darüber habe ich bei meiner Großmutter noch gelesen. Ein Buch meines Großvaters Gustav Saur (mit Namenseintragung): Über die kleine Jagd zum Gebrauch für Jagdliebhaber - vom Jahre 1793 und eine französische Sprachlehre von Abbé Mozin 1830 habe ich als Junge für mich gerettet, diese Bücher besitze ich noch und lese auch darin. - Bei Großmutters Tode sind Aufzeichnungen wohl an ihren Sohn Otto Saur gekommen (siehe später) und verschollen.
Mit dessen Tode ist das Geschlecht Saur ausgestorben - wie es auch bei uns sein wird - und bei Muttels Geschlecht schon ist, da kein Behn mehr lebt.
Die Vorfahren meiner Mutter, meine Eltern, Bruder und die Schwester sind auf dem Guhrauer evangelischen Friedhof beerdigt. - Für meinen im Weltkrieg gefallenen Stiefbruder Georg -siehe späterhin - dessen Leiche nicht aufzufinden war, ist auf der Grabstätte meiner Eltern eine Gedenktafel angebracht.
Geschwister meiner Mutter.
Ältere Schwester Ida Saur, geb. vor 1850, verh. Guts- und Mühlenbesitzer Paul Burgwitz + in Guhrau, mehrere Töchter, Näheres ist mir nicht bekannt.
Jüngerer Bruder Otto Saur, Landwirt, Besitzer des Gutes Nieder Gimmel Kreis Sohlau. Eindruck machten mir bei Besuchen auf dem Gut in den 70er Jahren 2 große Bulldoggen, die auf der Freitreppe zum Wohnhaus lagen. - Er konnte das Gut nicht halten, woran wohl auch der wenig ertragreiche Boden schuld war, er verkaufte mit Verlust u. pachtete ein Gut Neesigode im Kreise Trachenberg, verh., er starb in den Ende 80er Jahren, Näheres ist mir nicht bekannt.
Jüngere Schwester Clara, heiratete 1881 den Bruder meines Vaters Paul - betr. der beiden Söhne Walter und Max siehe vorstehend. Sie lebte zuletzt in Warmbrunn und starb hochbetagt.
Meine Stiefmutter
Nach 3jähriger Witwerzeit, in der Hausdamen und zuletzt meine Guhrauer Großmutter den Haushalt führten, heiratete am 20. 8. 1883 mein Vater die jüngste Tochter Julie Ottilie des früheren Gutsbesitzers Sonntag -- Lorenzdorf bei Patschkau i/Schles. u. seiner Ehefrau Emma geb. Reisewitz, geb. 28. 7. 1820, gestorben 1895. Aus dieser Ehe stammte eine Tochter Meta, geb. 23. 5. 1884, verh. 6.5. 1907 mit dem späteren Fabrikbesitzer Erich Spohn, in Friedland Bez. Breslau, + 8. 4. 1930, u. ein Sohn Georg, geb. 1. 2. 1886, gefallen im Weltkrieg als Leutnant und Adjutant im Infanterie-Regiment der 51er in Breslau am 26. 9. 1914 bei Servon, Westrand der Argonnen. Zu dieser Zeit lag ich in Binarville in den Argonnen, wo mein Chef, Generalleutnant Kaempffer, im Stabe des Deutschen Kronprinzen - den Auftrag hatte, mit einem zugeteilten Detachement einen befestigten Stützpunkt der Franzosen (Bagatelle Pavillon) zu nehmen (1. 10. - 13. 10. 1914). Obwohl nur wenige Kilometer von Servon entfernt, war es mir nicht möglich - auch später nicht - das Grab meines Stiefbruders in Erfahrung zu bringen - wahrscheinlich unbeerdigt im Niemandsland. - In den Argonnen verdiente ich mir das EK I.
Schon am 18. August 1914 erhielt Generalleutnant Kaempffer den Auftrag, mit einem Detachement aus Infanterie, Pionieren u. Artillerie die Festung Longwy zu nehmen. Am 22. 8. (meinem Geburtstag - Feuertaufe!) begann die Feuereröffnung vom Waldrande aus, 600 m nördlich der Nordfront von Longwy sich erstreckend. Am 26. 8. 14 1° mittags zeigte Longwy die weiße Fahne, 4.30 übergab der Kommandant der Festung am Nordtor seinen Degen an Generallt. Kaempffer, der später eintreffende Deutsche Kronprinz gab dem Kommandanten den Degen wieder zurück wegen seiner tapferen Verteidigung. 4 500 Offiziere u. Mannschaften gerieten in Gefangenschaft. - Stolze Erinnerung für mich! Ich verdiente mir das EK II. Am 27. 8. Rückkehr in das Armee-Haupt-Quartier. -
Kinder meiner Stiefschwester Meta: Eveline, geb. 13. 3. 1908, verh. 2. März 1929 mit Hans Peters, Regierungsbaumeister, in Industrie tätig, Berlin/Nicolassee.
Klaus, geb. 10. 4. 1910, 1932 als Student durch Lawine im Riesengebirge verunglückt.
Dieter, geb. 12. 11. 1918, gegenwärtig (1942) Leutnant in einem Feldartillerie Regiment.
Meine Stiefmutter starb in Guhrau am 6. 2. 1920, geb. 16. 10. 1850 in Patschkau bei Neisse. Sie ist im Grabe (gewölbte, zementierte Grabstätte) meiner Mutter beerdigt. Nur kleine Teile des schwarzen Seidenkleides meiner Mutter waren beim Öffnen des Grabes noch vorhanden.
Geschwister meiner Stiefmutter - vor 1850 geboren
1. Amalie +, verh. Liebich, Zuckerfabrikdirektor Batzdorf in Osterr. Schlesien +
Kinder: Max u. Georg, Kaufleute, Berlin +
beide in geb. 25. 12. 1859: Olga, verh. Adenstedt, Zuckerfabriksdirektor in Fiddichow in Pommern +
Berlin geb. 17. 2. 1862: Clara, verh. Wedow, Geheimrat im Justizministerium +
2. Auguste +, verh. Friedemann +, Lehrer, Graz
Kinder: Camilla, verh. ?
Alfred, Direktor einer Papierfabrik in Südamerika
3. Berta +, verh. Pastor Marsch in Dittmannsdorf b. Waldenburg i/Schles.
Kinder: Alma, unverh. +
Martha +, verh. mit einem Fabrikbesitzer ?+ in Langenbidau i/Schles.
Oscar +, Apothekenbesitzer in Neumittelwalde i/Schles. verh.
Agathe, verh. Pastor prim. Müller, Laubau i/Schles.
Gertrud + unverh.
4. Paul + Sonntag, Gutsbesitzer u. Brauer, verh.
5. Marie + verh. Klinke + Kaufmann in Reichenbach u/ E.kinderl.
6. Emma + verh. Ergmann, Besitzer einer Zündholzfabrik in Patschkau +
Kinder: Fritz Ergmann, Kaufmann +
Erich Ergmann, Kaufmann
Elisabeth Ergmann, Lehrerin Beide: Driesen n/M
7.) Julie + verh. Liebert, meine Stiefmutter siehe vorher.
 
Meine letzte Friedensstellung:
1910 - 14 1. Adjutant der 2. Ingenieur-Inspektion Berlin, ab 1. 10. 1913 Posen.
Die 4 Ingenieur-Inspektionen und die 4 Pionier-Inspektionen waren die höchsten Dienststellen unter der General-Inspektion des Ingenieur- und Pionierkorps Berlin. Die Pionier-Inspektionen umfaßten die - damals 30 Pionier- Bataillone einschl. der Kommandos der Pioniere beim XV., XVI. pp Armeekorps - an ihrer Spitze 1 Oberst, letzterer da, wo zwei Bataillone in der Garnison stehen. Die Ingenieur-Inspektionen waren die Waffenvorgesetzten der Festungs-Inspektionen und der Fortifikationen in den einzelnen Festungen. Aufgabe war Bau und Unterhaltung von Festungen.
Zur 2. Ingenieur-Inspektion gehörten die 3. Festungs-Inspektion, an der Spitze ein Oberst - mit den Fortifikationen: Cüstrin, Spandau, Glogau, Posen Ost und Posen West, (Posen Neubau), die 4. Festungs-Inspektion mit den Fortifikationen Thorn (Neubau), Breslau, Glatz, Neisse und die 9. Festungs-Inspektion mit den Fortifikationen Graudenz-Nord, Graudenz-Süd, Kulm., Marienburg - alle Neubauten. Die Pionier-Offiziere wurden abwechselnd zu den Pionier-Bataillonen und den Ingenieur-Behörden kommandiert.
Vorher war ich Hauptmann u. Kompaniechef im Pionier-Bataillon Nr. 20 in Metz/Sablon 1906 - 1910. Davor 1905 Oberleutnant im Pionier-Bataillon Nr. 16 in Metz, vorher 1904 bei der Fortifikation Metz-West, und 1903 bei der Fortifikation Ulm a/D, davor -- als Pionier-Offizier -- Adjutant des Kommandos der Pioniere beim XV. Armeekorps Straßburg i/E. 1902 - 1903 u. davor Adjutant des Pionier-Bataillons Nr. 15 in Straßburg 1899 - 1902, in das ich nach Abiturium auf dem Elisabeth-Gymnasium in Breslau eintrat als Avantageur. 1891 auf Kriegsschule Metz kommandiert, 1894 - 96 zur Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule in Berlin - und vom 3. 1. 1899 bis 1. 5. 1897 zur Militär-Telegraphie-Schule Berlin.
Den Telegraphen-Dienst bei Übungen mußten damals die Pionier-Bataillone mitversehen; die Telegraphen-Bataillone wurden erst 1899 gebildet. (1900 Oberleutnant)
 
Meine Stellungen im Weltkrieg 1914 - 18
Von Mobilmachung 2. 8. 1914 bis 1916 als Hauptmann in Stabsoffiziersstelle 1. Adjutant des Generals der Pioniere beim Armee-Oberkommando der 5. Armee (Armee des -Deutschen Kronprinzen) in Frankreich. 15. März 1915 Major, 1919 Oberstleutnant. Quartiere: Saarbrücken, Diedenhofen, Esch in Luxemburg - vom 3. 9. 15 ab Stenay an der Maas, 4. 9. 14 weiter Varennes; ab 13. 9. -- beim Übergang in den Stellungskrieg -- weiter Stenay. - Ab 1916 (Mai) Kommandeur mehrerer Pionier-Bataillone zwischen Ostende u. Verdun. Oktober u. November 1916 Kommandeur des Pion.Batl. Nr. 42 in den Karpaten - Felsovisso an der Theis.
1918 August-September Kommandeur des Ersatz-Bataillons Pionier-Bataillons Nr. 10 in Minden in Westfalen u. schließl. als Regimentskommandeur beim Armee-Oberkommando der Küstenverteidigung in Hamburg. Bei einer Besichtigung auf Sylt im November 1918 erlebte ich die Revolution. - Bewegte Rückfahrt über Hamburg nach Berlin zu unserer General-Inspektion. Meinen Abschied erbat ich von Posen aus, wo ich beim stellvertretenden General-Kommando V. Armeekorps, zu dem ich nach meiner Demobilmachung am 2. 12. 1918 kommandiert wurde, Dienst tat: bei Unruhen in Posen, die durch polnische Aufwiegler veranlaßt wurden u. die ja auch zur Einverleibung der Provinz Posen in Polen führten, wurde ich Ende Dezember 1918 ausgewiesen; ich fuhr nach Berlin zur General-Inspektion und übernahm wieder meine alte Dienststelle (1. Adjutant der 2. Ingenieur-Inspektion). Ab Januar 1919 war ich Pionier-Offizier der Festung Glogau bis 1. 7. 1920. Da wurde mein Abschiedsgesuch bewilligt. Ich war noch vom 1. 7. 20 bis 30. 9. 20 Leiter der Abwicklungsstellen der Fortifikation Cüstrin u. des Pionier-Bataillons Nr. 31 Cüstrin, d.h. Überführung aus der Kriegsformation in Friedensverhältnisse.
 
Verheiratet seit 14. März 1907
verlobt 13. 3. 1906) mit Edith Behn, Tochter des Generalleutnants Behn (+ 21. Mai 1932) und seiner Frau Martha geb. Ehlert, + 7. März 1937 Berlin.
Schulbildung: Töchterschule Köln a/Rh., wo Vater im Fortifikationsdienst tätig war, von 1892 - 95 Stridde'sche Höhere Töchterschule - bei Schwester Stridde, verh. mit Oberlehrer Binde war ich in den 80er Jahren in Pension, Vater war Major beim Stabe des Pion.Bataillons 5, und von 1895 - 1902 Höhere Töchterschule in Neisse, die von 1925 - 29 auch Ruth und Ulli besuchten. Vater war als Major u. Oberstlt. Kommandeur des Pionier-Bataillons Nr. 6. Sohn: Felix Behn, geb. 31. 5. 1881, Kadettenkorps-Bildung, Pionier-Offizier, gefallen als Hauptmann durch Fliegerbombe am 10. 10. 1918 im Stabsquartier Manbeuge in Frankreich. Verheiratet Mai 1915 mit Erna Bénard, kinderlos; Vater Großkaufmann in Hamburg, Konsul. Wieder verheiratet mit Kaufmann Niemeyer in Südamerika, durch Autounfall tödlich verunglückt.
In der Hand meiner Tante: Erna Bénard, geb. 18. 3. 1896 in Hamburg.
12. 5. 1916 1.) cop. Otto Gustav Felix Behn (s. nebenstehend)
1921 2.) cop. Garlieb Niemeyer (Großkaufmann) , geb. ?
gest. 5. 4. 1928 (durch Autounfall bei La Paz)
Kinder: Georg geb. 17. 5. 1922 in La Paz (Bolivien), gef.
Vera geb. 7. 1. 1924 in La Paz
Ursula geb. 23. 10. 1926 in La Paz
Horst geb. 11. 3. 1929 in Hamburg (!)
Der Vater des 4. Kindes ist ein Geschäftsfreund der Niemeyers, Teilhaber der Firma! wahrscheinlich Spanier. Die Ehe mit Niemeyer war nach den ersten Jahren unglücklich, schuld wohl auf beiden Seiten.
Weiter in Großvaters Hand: Gen.lt. Behn war 1902 - 06 als Oberst Kommandeur der Pioniere XVI. Armeekorps in Metz. 1906 verabschiedet als Generalmajor, er übernahm in Berlin die Stellung des Direktors des Invalidendanks (Wohlfahrt für die Kämpfer 1870/1). Im Weltkrieg als Inspekteur der stellvertretenden 1. Pionier-Inspektion - Berlin wiederverwendet, schied er 1917 als Generalleutnant aus.
Kinder: Ruth, geb. 18. 2. 1910 in Sablon bei Metz, verheiratet 17. 8. 1937 mit Pfarrer Eberhard von Mering, geb. 16. 10. 1909 - Heusweiler/Saar, deren Kinder: Christa, geb. 29. 7. 1938, Klaus, geb. 13. 1. 1940 und Hans Stephan geb. 23. 4. 1942.
Ursula, geb. 17. 12. 1914 in Berlin, verheiratet 15. 4. 1939 mit Pastor Heinrich Höpken - Goldenstedt in Oldenburg, geb. 28. 1. 1911.
 
Mobilmachung pp
Bei der Mobilmachung 2. 8. 1914 mußten Offiziersfamilien Posen verlassen und ihre Wohnungen dem Gouvernement zur Verfügung stellen. Am 2. (Sonnabend) wurde eifrig bis nachts gepackt, am Sonntag 11 ° Abreise mit Ruth nach Berlin zu den Schwiegereltern. Anfang 1915 eigene möblierte Wohnung in Berlin. Am 1. 5. 1915 Rückkehr nach Posen. Januar 1919 bei Unruhen in Posen fluchtartiger Umzug nach Guhrau, Unterkunft in einer Lehrerwohnung im Schulhaus. Mai 1919 Umzug nach Glogau (Dienstwohnung), wo ich bis 1. 7. 1920 als Pionier-Offizier der Festung Glogau tätig war. Von da bis 30. 9. 1920 Cüstrin, ich war Leiter der Abwicklungsstellen (Fortifikation u. P.B. 31)
 
Wohnungen im und nach dem Kriege: Da ich in Glogau Dienstwohnung hatte, wurden wir wohnungslos -- abgesehen von einer kleinen behelfsmäßigen Mietwohnung während meiner Cüstriner Zeit. Ruth besuchte dort eine Höhere Schule, nachdem sie schon in Posen 1916 bis 1918 Ende eine Privat-Schule. 1919 nach der Flucht meiner Familie bei der Revolution von Posen nach Guhrau hat sie in der Volksschule in Guhrau und später 1919-20 auf einer Höheren Schule in Glogau Unterricht erhalten. - Am 1. 10. 1921 wurden wir im Beamtenhaus meines Schwagers Erich Spohn u. meiner Stiefschwester Meta in Friedland Bz. Breslau liebevoll aufgenommen. Ruth besuchte dort die Gehobene Volksschule. Bei unserem Umzug nach Alt Reichenau bei Bad Salzbrunn Bez. Breslau März 1921, wo ich 1919 Mitbesitzer eines Sägewerkes - mit Wohnung im Sägewerk - geworden war, erhielten Ruth und Ulli zunächst Unterricht bei den dortigen katholischen Lehrschwestern (Ursulinerinnen) u. wenig später durch Hauslehrerinnen. - schlimme Erfahrungen bis auf die letzte Hauslehrerin, eine Pastorentochter!
Ende 1924 erhielt ich durch Tausch eine kleine Wohnung in Berlin - Belle Alliance-Str. 32 - furchtbar durch Mitbewohner des Hauses! Wir siedelten dorthin über, weil für Ruths weiteres Fortkommen der Unterricht durch Hauslehrerinnen nicht mehr statthaft war. Ruth und Ulli gingen in dem dortigen Viertel in eine Private Höhere Schule. Im April 1925 fanden wir - wieder durch Tausch - eine Wohnung in Neisse, Luisenplatz 2. Ruth und Ulli gingen dort wieder auf eine Höhere Schule, Ruth bestand dort 26. /27. Februar 1929 mit Auszeichnung ihr Abiturium.
 
Zum Besuch einer Universität gelang es mir eine Neubauwohnung in Marburg/L, Schützenstr. 31 I zu finden. Ruth studierte dort bis zum Examen eines Mittelschullehrerinnen-Zeugnisses in Kassel 1934, um Lehrbefähigung zu erhalten, u. war dann in einer Pastorenfamilie in Uthleben bei Nordhausen bis zu ihrer Verheiratung 1937 tätig. Ulli bestand 1934 auf der Marburger Höheren Elisabeth-Schule ihr Abiturium und erhielt eine Buch-Schulprämie - am 15. Februar. Weitere Wohnungen in Marburg: 1933 bis 1935 in Robert-Koch-Straße und seit 1. 10. 1935: An der Schäferbuche 11.
Abgeschlossen Oktober 1942
 
Auf kleinem Zettel eingelegt:
Motto:
Wer verlangt von einem Angedenken, daß es viel wert sei - wenn es nur wert gehalten wird.