Als 1907 sowohl unsere Großeltern Liebert in Berlin als auch unsere Großeltern von Mering in Köln heirateten, wurden diese Hochzeiten beide nach bürgerlicher Manier würdig begangen. Ich nehme an, dass die Berliner Hochzeit etwas eleganter war – Offizierskreise; dafür war die Kölner Hochzeit lustiger – Künstlerfreunde. Verbürgt ist, dass unsere Großväter beide in ihre Frauen verliebt waren. Von Paul Liebert erzählte es Edith selbst, aber auch ihre Töchter waren davon überzeugt. Von Carl von Mering sind zum Teil übermütige, zum Teil sentimentale Liebesgedichte erhalten. Die Großmütter verhielten sich zögerlicher. Edith Behn machte als alte Frau kein Hehl daraus, dass es sich von ihrer Seite um eine Vernunftehe gehandelt hatte, auch wenn sie Achtung und Wohlwollen für ihren fünfzehn Jahre älteren Mann empfand. Großmutter Clara hatte sowieso immer große Mühe sich zu freuen, sich zu öffnen, sie war vermutlich depressiv veranlagt. Sie verstand sich besser darauf, sich nach Carl zu sehnen, wenn er nicht da war, als freudig seine Liebe zu erwidern. Trotzdem hielten beide Ehen, bis ein natürlicher Tod sie schied. Sie überstanden den Ersten Weltkrieg, die Inflation, die Armut, verschiedene schwere Krankheiten und die Wechseljahre der Frauen. 1944 starb Carl von Mering in Köln an Arteriosklerose, 1948 Paul Liebert in Marburg am Schlag. Aber vorher noch wurden wir drei Kinder von Mering, ihre gemeinsamen Enkel, geboren. Zumindest an unsere Großmütter können wir uns gut erinnern. Clara von Mering starb am 6. 11. 1961 in Köln-Rodenkirchen, Edith Liebert am 21. 12. 1972 in Oldenburg (Oldb).
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