Zuerst veröffentlicht in: EKKEHARD, Familien- und regionalgeschichtl. Forschungen, Hallische Familienforscher "EKKEHARD" e.V., Neue Folge 8 (2001) Heft 1, S. 1ff

Anna Bender, verw. Hornschuh, geb. Francke, get. 28. 8. 1600, gest. ca 1649.

"Du bist eine Städterin," hat in Izmir einst der Architekt Ziya Bilgin zu mir gesagt. Leider weiß ich nicht mehr, aus welchem Anlaß. Weil ich eine Mietwohnung dem Häuschen im Grünen vorzog? Weil ich eine gewisse Freiheit von sozialem Zwang brauche? Weil unberührte Natur mir eher Angst macht, als daß sie mich begeistert? Weil Anonymität für mich kein Schreckgespenst ist? Ich weiß es nicht mehr. Und ich weiß auch nicht, ob es stimmt. Ich habe mich in Hamburg, in Wien, in Izmir und Istanbul sehr wohlgefühlt. Aber habe ich nicht auch das Dorf meiner Kindheit, Varenesch, in guter Erinnerung? Und lebe jetzt gerne in Ammersbek?

Zuerst veröffentlicht in: EKKEHARD, Familien- und regionalgeschichtl. Forschungen, Hallische Familienforscher "EKKEHARD" e.V., Neue Folge 7 (2000) Heft 2, S. 52ff

Friedrich Leberecht Schmidt, geb. 25. 8. 1695, gest. 31. 10. 1769, Stadtschreiber

Dieser Titel! Der hat mich gleich fasziniert, als ich ihn das erstemal in dem Nekrolog für Pastor Andreas Valentin Leberecht Schmidt in Polleben las: "Sein Vater war der damalige Stadtschreiber in der Altstadt Eisleben, nahmens Friedrich Leberecht Schmidt." Stadtschreiber! Ich wußte, daß manche Städte ein Stipendium für Schriftsteller unter diesem Namen vergeben. Und war nicht Gottfried Keller Stadtschreiber in Zürich gewesen? Dazu Eisleben! Martin Luthers Geburts- und sein Sterbehaus steht dort. Und Altstadt, das klingt vielversprechend historisch.

Zuerst veröffentlicht in: EKKEHARD; Familien- und regionalgeschichtliche Forschungen, Hallische Familienforscher "EKKEHARD" e.V., Neue Folge 11 (2004) Heft 1

Burgkhard Kuntzsch, geboren 8. 10. 1590 in Oldisleben/Unstrut, gestorben 8. 4. 1667 in Lutherstadt Eisleben.

Meine Brüder und ich, wir konnten unseren Vater nicht begraben. Er starb als Soldat bei der Schlacht um Dorpat (heute Tartu/Estland) am 21. August 1944. Sein Leichnam wurde nicht geborgen.

Unseres Vaters Vorfahr, Burgkhard Kuntzsch, starb in seinem eigenen Bett am 8. April 1667, am Ostermontag früh um drei Uhr in der Lutherstadt Eisleben. Seine Söhne und Töchter wohnten vier Tage später, am 12. April, seiner Beerdigung auf dem Stadtgottesacker von Eisleben bei.

Die Predigt, die bei diesem barocken Begräbnis gehalten wurde, ist überliefert, erstens, weil sie gedruckt worden ist, und zweitens, weil die Grafen von Stollberg Leichenpredigten sammelten und in ihrer Bibliothek aufbewahrten. Ein wunderliches Hobby – fast so wunderlich wie die Genealogie! Aber dank dieser gräflichen Sammelleidenschaft blicken wir vaterlosen Kinder auf die feierliche Beerdigung eines Vaters, die eine Generation unserer Familie vor 336 Jahren begangen hat. Unsere verschollene Trauerarbeit wird beim Lesen dieser Schriften sanft aufgehoben.

Zuerst veröffentlicht in: EKKEHARD, Familien- und regionalgeschichtliche Forschungen, Hallische Familienforscher "EKKEHARD" e. V., Neue Folge 11 (2004), Heft 2

Johannes Bender, geboren 20. 1. 1636 in Leipzig, gestorben 3. 11. 1706 in Eisleben

Günter Grass nennt es "im Krebsgang", wie sich sein Held von der Gegenwart aus in die Vergangenheit vorarbeitet. Ich musste gleich an meine Familienforschung denken. Auch sie geht "nach Art der Krebse, die den Rückwärtsgang seitlich ausscherend vortäuschen". Es ist die natürliche Art der Fortbewegung für die Genealogie. Gerade auch das seitliche Ausscheren ist ihr eigen, da sie die verschiedensten Quellen zu Rate ziehen muss. Innere und äußere Hindernisse gilt es zu überwinden. Geradlinig ist gar nichts. Von den Eltern ausgehend arbeitet sich die Familienforscherin rückwärts vorwärts, dringt in die Tiefen der Generationen ein, oft "schrägläufig", wie Grass das nennt, ich möchte hinzufügen: manchmal auch im Zickzack.

Zuerst veröffentlicht in EKKEHARD Familien- und regionalgeschichtliche Forschungen, Hallische Familienforscher "EKKEHARD" e.V., Neue Folge 16 (2009), Heft 4 u. Neue Folge 17 (2010), Heft 1, Dazu als Berichtigung "Auf dem Holzwege" in Neue Folge 18 (2010), Heft 2

Johann Bartholomäus Krebs in Ahlsdorf

Muss denn jeder Familienforscher alles über seine Ahnen selbst herausfinden? So fragen sich die modernen Genealogen. Daraus entstehen Vereine, Forscherkontakte und Mailinglisten. Man reicht sich Namen, Daten, Urkunden und Akten weiter, man diskutiert die Funde. Der Vorteil liegt klar auf der Hand. Warum nur tu ich mich damit so schwer?

Da ist zum Beispiel mein Vorfahr Johann Bartholomäus Krebs. Zwei andere Nachkommen von ihm und ein Regionalforscher haben schon über ihn gearbeitet: Dr. Karl Christian Schlüter in Dessau1, Fritz Schepe in der Lutherstadt Eisleben2 und Heinz Görig in Bonn, später Erfstadt3. Von Dr. Schlüter liegt sogar ein erzählender Forschungsbericht vor. Der Regionalforscher Fritz Schepe hat mir 2003 das Maschinenmanuskript zugänglich gemacht, darin befanden sich Kirchenbuchauszüge von Heinz Görig. Ist damit meine Neugier gestillt? Keineswegs, es gibt noch genug Forschungsbedarf! Eher fühle ich mich entmutigt, weil ich das, was meine forschenden Vorgänger nicht fanden, immer noch nicht bieten kann.

Ist es aber nicht jammerschade, dass die gefundenen Ergebnisse in der Schublade bleiben, nur weil sie lückenhaft sind? Nur Mut! Johann Bartholomäus Krebs ist es wohl wert, dass auch in Zukunft noch jüngere Forscher sich mit ihm beschäftigen.

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