Vermutungen über Pierre Henry - Geheimnis bis ans Ende

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Geheimnis bis ans Ende

Nach der vagen Aussage der Heiratsurkunde seiner Tochter Catherine, die sich jetzt, als Preußin, Catha­rina nennt, ist Pierre Henry auch 1828 noch am Leben, Ingenieur-Offizier und, was er auch bei ihrer Geburt schon war, ab­wesend. Am 7. Januar 1828 ist General Daultanne auf seinen Gütern in seiner Heimat Valréas gestorben. Ist Pierre Henry bei ihm bis zuletzt? Und ver­paßt dadurch die Hochzeit seiner einzigen noch lebenden ehelichen Tochter am 18. Februar in Saarlouis?

Hat Pierre Henry den General Daultanne mehr als seine Familie geliebt? Hat das Soldatenle­ben ihn Frau und Kindern gänzlich entfremdet? War er ein Haudegen? Oder eher ein Mann wie Heinrich Christian Teudt, ein Mann, der sich in alles zu schicken weiß und seinem Vor­ge­setzten ohne viel Kritik gehorcht, wenn auch manchmal über die Unbequem­lichkeiten des Adjutantenpostens seufzend? Hat er die Möglichkei­ten des Offiziers, die ihm viel­leicht nicht an der Wiege gesungen waren, hoch geschätzt? Hat seine Begabung ihn ins Corps du Génie geführt oder einfach der Bedarf an Ingenieuren? Und was an Greueln hat er gesehen - oder auch selbst verübt?

Gotthilf Theodor von Faber hat in seinem Buch über die Revolutionsarmee[29] den französi­schen Soldaten von 1792 bis 1806 als Zeitgenosse geschildert. Mag auch vieles et­was über­trieben sein: Faber ist überzeugt, daß die Armee vom General bis zum einfachen Solda­ten ein Berufsethos hatte, das mit der großen Selbständigkeit des einzelnen in diesem Heer zu­sammenhing. Hier wurde einem die Verantwortung für sich selbst nicht abgenom­men, hier wurden zwar Befehle im großen gegeben, aber die Ausführung im Detail dem Soldaten überlassen. Es gab keine entehrenden Strafen für kleine Vergehen, dafür aber den Tod für große. Es gab viel Entbehrungen, wenig Fürsorge fürs leibliche Wohl, aber An­er­kennung, Kameradschaft und Raum zur Entfaltung von Fähigkeiten. Schließlich war jeder Rang für den Tüchtigen erreichbar.

Ins Heer der Zweiten Restauration ließ sich Daultanne nicht mehr übernehmen. So ist ver­mutlich auch Pierre Henry nicht mehr aktiver Soldat gewesen, sondern hat seinem Herrn noch 1819 auf Kommandantenposten in St. Louis bei Basel im Großherzogtum Baden ge­dient.  Hat er seine Enkelkinder Mering in Saarlouis oder Koblenz je gesehen? Beim Tod von Daultanne ist Pierre Henry 56 Jahre alt. Ob er in Valréas, der Heimat seines Chefs, auch selbst begraben wurde?

 



[1] Zivilstandsregister von Saarlouis, 18. 2. 1828

[2] Zivilstandsregister von Saarlouis, 14. 9. 1802

[3] Wallraff'sche Kartei im Kreisarchiv von Saarlouis, ihr folgt Gernot Karge in seinen Computerausdrucken.

[4] Kirchenbuch von Kirsch-les-Sierck, auf Mikrofilm in den Archives Départementales in Metz

[5] geboren als Joseph-Augustin Fournier de Loysonville am 18. 8. 1759 in Valréas (Vaucluse) nach dem Lexikon Militaire, S. 291f

[6] Zivilstandsregister von Meung-sur-Loire vom 28. Februar 1818
[7] siehe Carle Vernet, Campagnes des Français sous le Consulat et l'Émpire, Album des cinquante-deux ba­tailles et cent portraits de maréchaux, géneraux et personnages les plus illustres ..., Paris , um 1820, das Daultanne nirgends erwähnt.

[8] Siehe seine Biographie in A. de Beauchamps, Biographie moderne a-c, 2me ed. 3. tom. 1816 und in dem Lexikon Militaire, S. 291f.

[9] Brigadegeneral Daultanne, Chef des Generalstabes unter General Davout in der Schlacht bei Auerstädt 1806, gefunden in: Die Generale der französischen Republik und des Kaiserreichs, v.d. Verf. der Soldaten der Republik und des Kaiserreichs, Leipzig 1847, S. 232

[10] Anschaulich geschildert in H.C.B. Rogers, Die Armee Napoleons, Stuttgart 1976, S. 218ff

[11] Rogers a.a.O., S. 242ff.

[12] siehe Rogers, der den Übergang über die Elbe bei Torgau und Napoleons Quartier "bei Wittenberg" er­wähnt und Akten der Stadt Kemberg, bearbeitet von Carl Elbe in "Anno dazumal, Kriegsnöte in der Fran­zosen-Zeit 1806 und 1813", Kemberg o.Datum

[13] Daß die Adjutanten die Quartiermacher waren, entnehme ich den "Tagebüchern und Briefen des schaum­burg-lippischen Hauptmanns Heinrich Christian Teudt aus den Napoleonischen Kriegen 1803 - 1813", be­arb. v. F. Verdenhalven, Rinteln 1985

[14] geboren 20. 12. 1762 in Baruth als Sohn des General-Accise-Einnehmers Heinrich Wilhelm Nathusius dort

[15] Meine Großeltern Clara Eberhardt und Carl von Mering heirateten am 9. Sept. 1907. Clara ist die Uren­kelin von Berta Nathusius und Carl ist der Enkel Catherine Henrys.

[16] nach Gernot Karge in Saarlouis soll das auch in napoleonischen Feldzügen noch vorgekommen sein - bis nach Rußland seien Frauen und Kinder dem Heer gefolgt. Literarische Belege für das Mitführen oder Nachkommenlassen von Familienangehörigen zu napoleonischer Zeit finden sich in Ina Seidel, Das Wunschkind und in Bozena Nèmková, Die Großmutter.

[17] Rogers, a.a.O., S.260ff samt den dort angegebenen Quellen

[18] Dienstlicher Bericht des Marschalls Davout, hrsg. 1896 von seinem Neffen General Davout, Herzog von Auerstedt

[19] Rogers a.a.O., S. 260ff

[20] u.a. auf Sir Robert Wilson, The Russian Army and the Campaigne in Poland, 1810, zusammengestellt nach russischen Aufzeichnungen.

[21] laut Daultannes Biographie, siehe Fußnote 6, laut Lexikon ......, s. 291 erhält er die Ordre, sich nach Bayonne zu begeben, am 9. September 1808 und wird am 12. September "aide-major général de l'armée d'Espagne". Es gibt natürlich keinerlei Beweis dafür, daß Pierre Henry mit Daultanne nach Spanien ging.

[22] In: Geschichtliche Darstellung sämtl. Begebenheiten und Kriegsvorfälle der Grosherzogl. Badischen Truppen in Spanien von 1808 bis Ende 1815 in Verbindung der allgemein bedeutenden Ereignisse der Rheinischen Bundes-Division in der französischen Gesamt Armee, bearb. v. Wilhelm Krieg v. Hochfelden, Major, Freiburg 1822, S. 181 - 185

[23] Hochfelden, a.a.O., S. 184

[24] Nach dem Lexikon .... ist Daultanne seit dem November 1812 "commandeur de l'ordre de Charles-Frédéric de Bade". Das erklärt, warum die badischen Offiziere bei Daultanne zum Abschied speisen.

[25] laut Lexikon ...., S. 292

[26] in seinem sehr kenntnisreichen Buch: Geschichte der 100 Tage, dt. Carlsruhe u. Freiburg 1843

[27] Capéfique, a.a.O., I. Teil, S. 286, Brief aus Pont-Saint-Esprit an die Herzogin von Angoulème, die in Bordeaux ist.

[28] Capéfique, a.a.O., II. Teil, S.64

[29] Gotthilf Theodor von Faber, Bemerkungen über die Französische Armee der neuesten Zeit oder der Epo­che von 1792 bis 1807, Königsberg, 1808

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