"Ich bin eine geborene von Mering", melde ich mich am Telefon, wenn ich mir unbekannte Menschen mit dem Namen von Mering anrufe. Nicht immer sind sie auch geborene von Merings, wenn ich Glück habe, sind sie angeheiratete von Merings, Frauen, die mit Vergnügen den Namen ihres Mannes tragen, Frauen, die mit spitzbübigem Humor sagen: "Na ja, dafür heißen wir nicht Müller!"

Zuerst veröffentlicht in: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde, Bd. 43, Jg. 95, Heft 1, Januar - März 2007

Ich dachte, Stadtadel sei ein Terminus mit einer festumrissenen Bedeutung. Unauslöschlich ist mir das Gespräch in der Marienschule Vechta, als ich ungefähr in der 8. Klasse des Gymnasiums war. Die Mitschülerinnen fragten mich - ob neugierig oder ironisch, weiß ich nicht - wo denn meine Burg sei, wenn die von Merings, wie ich behauptete, adelig wären. Und ich antwortete, die Merings hätten keine Burg, sie seien Stadtadel. In einer Kleinstadt des Oldenburger Münsterlandes, wo es Bauernland gab und einige Wasserburgen, klang das absolut lächerlich. "Stadtadel!" So etwas hatten die andern nie gehört. Und die von Schorlemer in meiner Klasse schüttelte den Kopf, als ich auf Grund einer Ehe zwischen einer Mering und einem von Schorlemer um 1685[1] behauptete, wir wären verwandt.

Am 31.12.2010 ist in Gainsville/Florida Otto Oswald von Mering gestorben, der letzte des amerikanischen Zweigs von Mering, der noch in Deutschland geboren war. Ottos Nachkommen und auch die Nachkommen seines Zwillingsbruders Fritz sind von Geburt an Amerikaner.

Dank seiner ältesten Tochter Elisabeth Hilary von Mering-Martin sind wir Europäer von Ottos Tod unterrichtet. Sogar die Kopien der Trauerfeier und einen Nachruf haben wir erhalten. Er muss ein bemerkenswerter Mann gewesen sein.

17jährig kam er mit seinen Eltern, seinem Zwilling Fritz und der jüngeren Schwester Maria in die Vereinigten Staaten. Das war 1939. Sein Vater Prof. Dr. Dr. Hermann Otto von Mering hatte von 1929 bis 1936 an der Handelshochschule, der späteren Wirtschaftshochschule, in Berlin gelehrt, und war dann in die Schweiz emigriert. Von dort übersiedelte die Familie in die Vereinigten Staaten. Anscheinend sah sie keine Zukunft für sich in Deutschland.

Dank der Tatsache, dass der Vater Otto von Mering 1940 Dozent an der Tufts University in Medford/Mass. wurde, konnten die Kinder studieren. Sohn Otto promovierte 1956 in Social Anthropology und lehrte dann an der Bellmont Hill School, der Boston University und dem Cambridge Junior College. Assistant Professor wurde er an der University of Pittsburgh am College of Medicine. Dort blieb er bis 1971 und wurde zum Professor für Social Anthropology ernannt. Dann wurde er zum Professor für Anthropology an der Universität von Florida in Gainsville berufen. Er war offenbar ein begabter und beliebter Lehrer, lebhaft und umtriebig. Sein Wirken war sehr vielfältig, ein bedeutender Schwerpunkt lag in der Gerontologie. Die Liste seiner Veröffentlichungen ist lang. Für uns Deutsche ist am leichtesten fasslich, dass er Mitautor von Alexander Mitscherlichs Buch "Der Kranke in der modernen Gesellschaft" ist.

88 Jahre ist er alt geworden. Aus zwei Ehen hat er fünf Kinder, eine Tochter ist vor ihm gestorben. Wir europäischen von Merings haben ihn nicht persönlich kennengelernt. Aber wir trauern mit seiner Familie.

 

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